Alle für einen


Wie Richard Branson predigte Udo Lange Teamgeist und Flexibilität - und führte die Virgin Germany so zu verdientem Erfolg.

Als Richard Branson im Januar bei der internationalen Musikmesse in Cannes sprach, erinnerte sich kaum jemand daran, dass der Virgin-Gründer vor genau 30 Jahren zum ersten Mal auf der MIDEMzuGastwar. Damals hatte er noch wenige Termine: Sein Ziel war es 1972 lediglich, eine Plattenfirma zu finden, die sich für das Tape mit der Aufschrift „Tubular Beils“ interessierte.

Doch die Labels winkten ab – ein versponnenes Instrumentalwerk, das der völlig unbekannte Teenager Mike Oldfield in Bransons kleinem Studio aufgenommen hatte, schien kommerziell nicht gerade viel versprechend zu sein. Und so gründete Branson selbst das Unternehmen „Virgin“ in London, um die Platte zu veröffentlichen. Er hat es nicht bereut: Das Debüt hat bis heute über 13 Millionen Exemplare verkauft und legte Mitte der 70er Jahre zusammen mit LPs von Faust und Tangerine Dream den Grundstein für ein gigantisches Virgin-Imperium, das bald weltweit Fuß fasste. Zwei Jahre nach der Gründung eines Frankreich-Büros verließ Udo Lange die BMG, um am 1. September 1982 in der Herzogstraße in München-Schwabing ein „Virgin Germany“-Schild anzubringen. Mit einem füniköpfigen Team bezog er einen villenhaften Altbau, in dem er an Tapeziertischen auf Schreibmaschinen die ersten Presseinformationen zu Culture Clubs „Do You Really Want To Hurt Me“ verfasste, einem Nummer-i-Hit, der Virgin Germany im gleichen Jahr national Respekt verschaffte. „Damals war alles noch familiärer – da wurden geschäftliche Dinge schon mal auf Gartenpartys in London besprochen“, erzählt Gregor Stöckl, der sich seit 1995 im Virgin-Team nach oben gearbeitet hat.

Um der deutschen Virgin ein solides Finanzpolster zu erwirtschaften, nahm Udo Lange nicht nur das „bayerische Cowgirl“ Nicki, sondern auch den Produzenten Michael Cretu unter Vertrag, der Sandra damals zum Weltstar machte und die CDs seines Enigma-Projekts bis heute knapp 30 Millionen Mal verkaufte. Auch Die Toten Hosen erlebten ab 1984 den großen Aufstieg, als sie für „Unter falscher Flagge“ für einige Jahre zu dem aufstrebenden Label wechselten, das bald groß genug war, um sich mit der Gründung eines eigenen Verlags und Vertriebs selbstständig zu machen. Ab Mitte deT 80er war Virgin ein ökonomisches Großunternehmen, das es sich erlauben konnte, die persönlichen qualitativen Ansprüche zunehmend auch auf die Signing-Politik auszuweiten. „Man ist einen Mittelwegzwischen Kommerz und Anspruch gegangen, ohne sich für eine Veröffentlichung schämen zu müssen „, so Stöckl. Um beim langfristigen Aufbau von Künstlern noch effektiver zu sein, richtete Virgin 2000 die Kreativzelle Labels Germany ein, die als Dach für bewährte Indie-Labels wie City Slang und Source fungiert (s. ME-CD 51).

Mit diesem Deal hat Udo Lange, der seit einigen Wochen auch Chef der Muttergesellschaft EMI Germany ist, die Ernsthaftigkeit unterstrichen, mit der er hinter seinem Motto steht: „Keep thespiritofan Indie -haue thepower qfa Major.“ www.virgin.de