Amsterdam
Schon einmal – vor genau drei Jahren – mimte Herman Brood den Reiseleiter für ME/Sounds-Leser. Seitdem hat sich in Hermans Heimat einiges verändert. Das ist auch an Europas führendem Drogisten nicht so ganz spurlos vorüber gegangen:
„Mein letztes Engagement als Reiseleiter habe ich damals mißbraucht, um euch ME/ Sounds-Leser zu den hinterletzten Pommes-Buden zu führen, die besten Frittierer mit hohem Verantwortungsgefühl herauszupicken und dort die vergiftete Hoch-Couisine mit fast unmenschlichem Mannes-Mut zu kosten … aber was kann man erwarten für eine Mark fuffzig?
Heute sind wir ein Stück älter und ziehen mit 50 Mark in der Tasche los. Dafür bekommst du in Amsterdam: Ein mit Kukident oder Dentofix gefülltes minus-cooles Stück Silberpapier oder einen schnellen Sex (mit Gummi!). Du kannst auch sogenannte Softdrugs bekommen, wobei ich aber nicht garantieren kann, daß du nachher deine Schularbeiten noch schaffst. Ihr wißt längst, daß es solche Sachen hier an jeder Straßenecke gibt, aber wer’s unbedingt wissen will, gehe zu diesem Zweck ins „Bulldog“ auf der Leidseplein (im Keller). Denn: Deutsche verarschen ist immer noch der Lieblings-Spaß für uns normale Amsterdamer. Normalerweise habe ich persönlich keinen Grund, mich in der Leidseplein-Gegend rumzutreiben, dort wird meine Intelligenz immer durch rumspazierende Bauern-Söhne beleidigt, obwohl ein Cocktail in den Bars des Marriot- oder Americain-Hotels mir schon oft jede Art von Schmerz wie Blätter im Herbst von mir fallen ließ. Erträglich ist auch der Jazz im „Alto Club“ – mindestens so gut wie die Terasse vom „Schwarms“-Puff nebenan und fast so gut wie „Melkweg“ und „Paradiso“.
Und das war’s auch schon in Sachen Kundenservice, weil ich es mir nicht leisten kann, moderne Jugendliche zu verderben. Was ich aber tun kann, ist mein persönliches Wohl zu pflegen. Und deshalb stelle ich mir jetzt vor, wie ich meine bayerische Freundin vom Zug abhole und durch die Bahnhofshalle begleite. Normalerweise würde ich natürlich gleich mit ihr „In die Höhle der Bergkönigin“ spielen, aber meine Verantwortung als Reiseleiter gebietet mir, erst mal einen Einkaufsbummel zu machen. Wir gehen entlang des Ondelyds Voorburgwal und erreichen die Damstraat. Ich liebe diese Straße mit ihrer internationalen Mischung aus Klein-Kriminellen und edlen (aber arbeitslosen) NeoPost-Abenteurern. Dort stoßen wir direkt auf die Terasse vom „Latin Club“, dessen Latin Special Cocktail zumindest für zwei Stunden eine vollkommen andere Lebenseinstellung garantiert. Direkt daneben (Ecke Ondelyds/Damstraat) ist auch das „Hard Rock Cafe“, um die Ecke in der Pieters-Port gibt es bis vier Uhr früh Kaffee im „Gaffa“ – alles höchstens ein Kilometer vom Bahnhof entfernt.
In der Reguliersdwarsstraat blühen die Schwulen-Kneipen wie „Richter“ und „Gdansk“… schnell weg hier und ab in die Wanne mit meiner Freundin ins Damen-Sleep-In (Ferdinandvollstraat) zum Unter-Wasser-Tischfußball.