Angefangen haben Die Türen als schwer zugängliche Elektro-Agit-Popband. Mit Popo sind sie jetzt bei Aldi angekommen
Die neue CD der Türen ist da, die neue CD der Türen ist da!, so hallt es über den Innenhof. Verdammte Kinder“, schreibt Rocko Schamoni im Begleittext zur neuen CD der Türen. Ja, sie ist da, aber kaum zu erkennen, so konsequent hat sich Popo den Look einer Billigsupermarktkette anverwandelt, vom schnittigen Logo über das prospektmäßige Artwork bis zum Tonträger, der als Scheibe Schinkenwurst in den Player geschoben werden will. „Wir wollten einen besondeis billigen Look“, sagen Maurice und Rami beim Treffen im netten Lieblingscafe in Prenzlauer Berg: „Es sollte aussehen wie die LETZTE Platte, wie ein Wegwerfprodukt“, dabei ist das Ergebnis eher das Gegenteil: sehr schlau und in einem lustigen Rutsch durchhörbar. Mehr Soul als Pop, mehr Agitpop als Punk. Das war nicht immer so, das Herz war Nihilismus, das 2004er Debüt der aus Westfalen eingewanderten Wahlberliner, strotzte textlich wie musikalisch vor anstrengenden Referenzen, Kurven und überraschenden Klimmzügen. Electro-Clash hätte man das nennen können, nur dass im Gegensatz etwa zur allgegenwärtigen Mediengruppe Telekommander „die meisten Leute glaubten, uns gebe es überhaupt nicht! Andere dachten, wir seien eine Erfindung der Titanic-Redaktion.“ Was so abseitig nicht ist: Hinter dem oft unerwartet wie ein Bläsersatz aufblitzenden Wortwitz steckt ein sehr genauer Blick auf erlebte soziale Realitäten. Es geht um entfremdete Arbeit, Armut, die Tücken des Systems und den verführerischen Gedanken, es sich darin trotzdem bequem zu machen: „Wenn man morgens immer beim Arbeitsamt ansteht“, sagt Rami, „ist das eine Erfahrung, die ich nicht aus den Texten raushalten kann oder will.“ Und bevor es zu pathetisch und sloganhaft wird, grätscht ein anderer Sinn dazwischen und bricht manch eine düstere Beobachtung: „Alles was ich will / Ist nur die Regierung der Schürzen.“ Vielleicht ist Popo deshalb auch eine Platte über die Professionalisierung – und den Versuch, sich gleichzeitig einen gewissen anarchischen Ansatz zu bewahren: „Früher konnte das schon sehr chaotisch sein, was wir auf der Bühne machten“, erzählt Maurice, der Sänger: „Das war… wie sagt man? Ergebnisoffen!“
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