Angie Stone: Hamburg, Grünspan


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Den Hamburgern sagt man ja vieles nach: sie seien spröde. Unterkühlt. Verschlossen. Die Nase und Augenbrauen immer hoch. Eines aber sagt man bestimmt nicht über sie: Dass sie heißblütige Soulbrothers und -sisters sind, denen der Groove schwarz und dick wie Ai-Steaksauce durch die Adern pumpt. Umdenken! Am Abend des Angie-Stone-Konzertes verwandelten die Fischkoppe den ehemals ehrwürdigen Psychedelic-Tempel Grünspan in die östlichste Filiale des Apollo Theater. Die Medizin, die diese unheimliche Verwandlung bewirkte? Stones selbstbewusster und kraftvoller Auftritt, gepaart mit ihrem perfiden Animationstalent. Die ehemalige Lenny-Kravitz-Saxophonistin und D Angelo-Kollaborateurin brauchte gerade mal zwei, drei ruhige Nummern ihres neuen Albums „Mahogany Soul“, um die gut 800 Besucher in willenlose, von R&B-Strahlen gesteuerte Wackel-Dackel umzumodeln. Bei Nummern wie „Brotha“ und „MoreThan A Woman“, aber auch „älteren“ Songs wie dem Curtis Mayfield-esquen „Just A Pimp“ van ihrem 99er-Debüt „Black Diamond“ zeigte die Soul-Diva, warum Fachleute ihr Talent höher als das ihrer Mitstreiterinnen Mary J. Blige oder Lauryn Hill einstufen.

Den Höhepunkt leitete Angie Stone nach gut eineinhalb Stunden ein. Zerrte sie früher gerne mal ihren vierjährigen Sohn Michael D’Angelo (so nach seinem Papa benannt) auf die Bühne, der in bester Jackson-5- bzw. Mini-Playbackshow-Tradition das Publikum mit Rap-Einlagen anheizte, durfte diesmal eine Hand voll Hamburger Jungs auf die Bühne. Da tanzten sie dann erst einmal ein wenig verdutzt, ließen dann aber die Luft roch derweil passend zum Song „Green Grass Vapors“ nach Wacky Tobacchi schnell alle Hemmungen fallen. Dass fast jeder Mensch gerne laut singt, ist spätestens seit dem Erfolg der Karaoke-Maschinen belegt. Dass coole Nordlichter doch nicht so kühl sind spätestens seit dem konzertabschließenden Sangeswettbewerb an diesem Abend. Einer nach dem anderen durfte mit Miss Stone das altbewährte Frage & Antwort-Spiel gröhlen. Nach zwei Stunden war der wunderschöne Spuk vorbei, zurück blieben Schweiß, Schleudertraumata und die fixe Idee, Hamburg in Harlemburg umzubenennen.

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