Auf den Spuren von Lynyrd Skynyrd: die Spin Doctors
SAN FRANCISCO. Meeyyy!“ röhrt der Nikolaus mit der finnischen Rentier-Hirtenmütze ins Mikro und zupft sich gedankenverloren an seinem dünnen Fussel-Bart. „Heeyyy!“, röhrt er. „here’s a song ro remind von thal von don’i havelo bea woman to bea bitch!“
Die Menge im „Wartield“ tobt, der mit der Mütze und dem Nikolaus-Bart grinst, und der Mann an der Gitarre schiebt einen mitreißenden „Southern-Comfort-mit-’nem-doppelten-Whiskey-extra“-Riff in die kreischende Masse: So, als seien die Jungs von Lynyrd Skynyrd damals nie in diesen unglückseligen Flieger gestiegen.
Seit drei Tagen ist das ehrwürdige „Warfield“ ausverkauft. Abend für Abend, und wenn die Spin Doctors morgen nicht schon wieder unten in Los Angeles angesagt wären, könnten sie hier in San Francisco noch mindestens ’ne gute Woche lang spielen. Und alle sind sie wegen dieses Southem-Riffs gekommen, und wegen der Anfangszeile „Ii’s been a whole loi easier since ihe buch left lown“, und überhaupt wegen des ganzen Stücks „Little Miss Can’t Be Wrong“ natürlich, jenem Südstaaten-Shuffle, der die Doctors über Nacht zu Kultstars gemacht hat.
Die Doctors nutzen die Stimmung weidlich aus und zelebrieren besagten Hit in einer zehnminütigen Fassung, was in der Heimat-Stadt der Grateful Dead und ihren stundenlangen Improvisationen natürlich gut ankommt, obwohl die Dead höchstens im Sommer 1967 mal so energisch zur Sache gingen wie die Spin Doctors an jedem Auftritts-Abend. Die ploppenden Läufe von Bassist Mark White pumpen den Schaum vom Bier. Aaron Comes‘ Schlagzeug patscht chablistrocken wie einst im Mai, und weil das so schön ist, dürfen die beiden gleich ein paar Mal zusammen losjammen. als wollten sie Rock und Jazz verkuppeln und Gitarrist Eric Schenkmann genügend Zeil lassen, um sich einen Joint zu drehen.
Der Nikolaus mit der finnischen Zipfelmütze verdreht sich dabei zu anatomisch nicht für möglich gehaltenen Körperhaltungen und hüpft in regelmäßigen Abständen wie ein Rumpelstilzchen von links nach rechts und zurück — ein Konzert der Spin Doctors ist ein Konzert ihres Sängers Chris Barron, einem Mann, der sich nach einem beschaulichen Leben als Töpfer sehnt und sich momentan 360 Tage im Jahr auf Bühnen die Seele aus dem Leib singt.