Beth Ditto: Interview über Gossip und Simian Mobile Disco


Menscheln bei Gottschalk, Tuscheln in Portland, zwölf Monate auf Tour mit ihrer Band Gossip. Ist der Beruf der Sängerin wirklich Beth Dittos Traumjob? Die Dame aus Arkansas verrät, was ihr im Biz am meisten liegt, wie es zur Zusammenarbeit mit Simian Mobile Disco kam und wie ihr normales Leben aussieht.

Sie haben einen Job, um den Sie viele beneiden: Sängerin einer Rockband. Aber ist das tatsächlich ein Traumjob?

Ja, es geht schon in die Richtung. Der Job entspricht mir. Ich singe für mein Leben gerne, und ich mag auch den Glamour, der damit verbunden ist. Außerdem genießt man eine ziemliche Narrenfreiheit.

Ist das Showbiz mit den Idealen des Punk kompatibel?

Diese Frage stellt sich mir nicht. Mit unserer Musik jedenfalls schon. Diese Kompatibilität stellen unsere Fans her, indem sie die Alben kaufen und zu den Konzerten kommen. Unser Sound klingt genau so, wie wir das wollen. Er vermittelt unsere Emotionen – positiv wie negativ.

Trotzdem kommt es bisweilen zu bizarren Situationen: Da sitzt Beth Ditto bei Thomas Gottschalk auf der Couch und muss Smalltalk machen.

Das ist tatsächlich eine andere Welt. Das war auch deswegen nicht ganz einfach, weil man immer warten muss, bis man vom Dolmetscher alles übersetzt bekommt. Du fragst mich, wie ich das ertrage?

Ja. Dieses Gemenschel auf der Showcouch ist doch derart künstlich und oberflächlich.

Tja. Ich nehme das nicht als so dramatisch wahr. Das mag alles schon sehr künstlich und oberflächlich wirken, aber es gehört halt zu meinem Job. Wenn ich mit Oberflächlichkeit und Künstlichkeit nicht zurechtkäme, hätte ich tatsächlich ein schweres Dasein.

Eine Gelegenheit, den Leuten klarzumachen, wer Sie sind, hatten Sie nicht unbedingt.

Das stimmt, das kann man auch nicht immer erwarten. Immerhin habe ich mir diesen alten Skihasen gekrallt.

Sie haben sich dem österreichischen Schlagersänger und Ex-Skiprofi Hansi Hinterseer auf den Schoß gesetzt. Hatten Sie irgendeine Ahnung, wer das ist?

Nicht die geringste. Aber er sah so aus, als würde er es nicht allzu schwernehmen. Noch mal zurück zur ursprünglichen Frage: Man kann halt nicht immer alles geben. Manchmal ist man einfach zu müde. Oder Sprachprobleme kommen dazu.

Aber Sie fühlen sich wohl in solchen Situationen?

Oh ja, sehr sogar. Mir macht das Spaß. Ich finde es immer interessant, zu sehen, wie Massenunterhaltung funktioniert.

Sie veröffentlichen in diesen Tagen eine EP unter eigenem Namen. Gehorcht das irgendeiner Form von Karriereplanung?

Quatsch, überhaupt nicht. So ernst nehme ich meinen Beruf nicht. Das hat sich so ergeben. Ich habe vor zwei Jahren schon mal mit den beiden Jungs von Simian Mobile Disco zusammengearbeitet. Und da das gut geklappt hat und ich meine Hemmschwelle, die ich durchaus habe, bei ihnen ziemlich schnell überwinden konnte, war es logisch, dass wir das irgendwann weiterführen. Und Gossip machen gerade Pause. Wir waren für Music For Men praktisch zwölf Monate am Stück unterwegs, da muss man auch mal verschnaufen.

Sie verdienen Ihr Geld im Showbiz, laufen für Karl Lagerfeld, touren durch die ganze Welt und treten in den größten Fernsehshows auf. Wie steht es um das „normale“ Leben von Beth Ditto?

Das gibt es immer noch, und es ist mir auch sehr wichtig. Ich verbringe weiterhin viel Zeit in Portland, in meinen eigenen vier Wänden. Ich stehe gegen halb zehn auf, mache mir Kaffee, kümmere mich um den Haushalt, gieße Blumen, stelle meine Möbel um, häkle. Es gibt immer etwas zu tun. Später rufe ich meine Mutter oder meine Schwester an. Mit denen, aber auch mit meiner Managerin, kann ich stundenlang quatschen. Ich bin die totale Tratschtante.

Und in Portland können Sie noch einfach so aus dem Haus gehen?

Ja, ohne Probleme. Klar wird hinter meinem Rücken getuschelt, aber das stört mich nicht. Allerdings gehe ich nicht so oft aus. Ich kann einfach nicht still sitzen. In Bars langweile ich mich zu Tode. Wenn, dann gehe ich Karaoke singen.

Was singen Sie am liebsten?

Kitschige Countrysongs aus den 90ern. Oder „Jolene“ von Dolly Parton. Wenn ich bei meiner Familie in Arkansas bin, gehe ich oft mit meiner Schwester zum Karaoke. Nachdem ich gesungen habe, sagt sie immer: „Du solltest dir wirklich mal Gedanken über eine Karriere als Sängerin machen.“ Und ich sage: „Das ist eine gute Idee!“ Das ist unser Running Gag.

Info:

Sie wuchs in einem Trailerpark auf und wurde nach Kirchenchor und Punk-Jugend als Sängerin der Band Gossip bekannt. Mittlerweile ist Ditto Modemuse für Karl Lagerfeld, Kolumnistin des Guardian, Lesben-Ikone, Model für Jean Paul Gaultier, Feministin und nacktes Covergirl für den NME, von dem sie auch für den Titel als sexiest Frau des Jahres 2007 nominiert wurde. Dittos neuestes Werk ist das Album mit Simian Mobile Disco, De Construction, auf dem sie vier Songs singt. Hier geht es zur Rezension von I Wrote The Book und den dazugehörigen Clip kann man hier sehen.