British Sea Power streichen das „British“: Kein Bock auf Patriotismus
Die UK-Indie-Band heißt ab sofort nur noch Sea Power. Dank des tumben Patriotismus, der in Post-Brexit-England wieder en vogue ist, verstehe man den Witz ihres ursprünglichen Bandnamens nicht mehr.
Die in Brighton gegründete Band British Sea Power gibt es seit über zwanzig Jahren und hat uns vor allem in den Nullerjahren eine Menge schrägschöner Alben und Konzerte beschert. Yan Scott Wilkinson (Gesang, Gitarre), Martin Noble (Gitarre, Keyboard), Neil Hamilton Wilkinson (Bass, Gesang, Gitarre), Matthew Wood (Schlagzeug), Abi Fry (Violine, Keyboard) und Phil Sumner (Keyboard, Gitarre) vermischten auf ihren Alben Indie-Einflüsse, Britpop, Postpunk, Twee-Pop und Krautrock, sangen tragische, komische, bissige, deepe Lieder und zelebrierten in ihren Live-Shows eine fast okkulte Liebe zur Natur. Die allerdings stets mit britischem Humor serviert wurde. Beim Gig im Spiegelzelt des Haldern Pop bewarfen sie damals zum Beispiel das Publikum mit Blumenzwiebeln. Außerdem war es lange Zeit Tradition, dass sich ein oder zwei Bandmitglieder als Bären verkleideten und entweder auf der Bühne rumpolterten oder durch das Publikum streiften. Zum Humor der Band passte es außerdem, dass schon ihr Debütalbum „The Decline of British Sea Power“ hieß.
Der ist nun tatsächlich eingetreten – in gewisser Weise. Denn British Sea Power ist Geschichte. Allerdings nur als Bandname. Die Herren nennen sich ab sofort Sea Power, wie sie kürzlich auf ihrer Website verkündeten. Der Grund ist durchaus und ausdrücklich politisch zu verstehen. Dazu erklären sie: „Als wir uns den Namen British Sea Power ausdachten, gab es dazu zwei verschiedene Gedankengänge. Zum einen ging es uns um die Kraft des Meeres im wörtlichen Sinne. Zum anderen hatte es diese historische Note. Man sollte sich an die Zeit erinnern, in der Britannia die Meere bereist hat mit seiner Seeflotte, die gebaut war, die Welt zu beherrschen. Als wir uns so nannten, war diese Zeit zum Glück vorbei. Der Bandname sollte also einen gewissen, trockenen Witz haben. Die britische Seemacht – die British Sea Power – war abgemeldet und der Name sollte ab jetzt ausschließlich für diese unsere Rockband stehen.“
Aber Zeiten ändern sich leider, wie die Musiker merkten: „Jetzt, 20 Jahre später, werden wir diesen Bandnamen korrigieren. In jüngster Vergangenheit hat sich auf der ganzen Welt eine Form von Nationalismus breitgemacht, der isolationistisch und spaltend ist. Uns ist klar geworden, dass man den Namen British Sea Power falsch verstehen kann, vor allem, wenn man nicht mit unserer Band und unserer Musik vertraut ist. Wir haben uns immer als Weltbürger gesehen. Eine Einstellung, die wir in Liedern wie ‚Waving Flags‘ sehr deutlich gemacht haben, das eine Liebeserklärung an paneuropäische Werte ist. Wir wollten immer als weltoffen angesehen werden, aber vielleicht war es dann eben nicht der cleverste Weg, das zu zeigen, in dem man den Namen einer bestimmten Nation im Titel trägt.“
Die Band dankt am Ende ihres Statements vor allem den Fans, die ihnen diese Änderung schon lange eingesungen hätten. Bei guten Konzerten gab es am Ende immer Sprechchöre, die „Sea Power!“, „Sea Power!“ skandierten. „Vielleicht lag die Änderung unseres Namens also schon lange in der Luft und wir haben etwas länger gebraucht, um ihn wirklich zu erhören.“
Sea Power verbanden das Announcement mit der Veröffentlichung des neuen Songs „Two Fingers“, dem ersten Vorboten des für Februar 2022 geplanten Albums „Everything Was Forever“.