Coverversionen


Communion von The Soundtrack of Our Lives gestaltet von Martin Kann

1 Der Designer

Das Artwork zum fünften regulären Album der Schweden stammt erstmals nicht von Frontmann Ebbot Lundberg, sondern von dem Grafikdesigner Martin Kann, mit dem Lundberg seit Zeiten seiner ersten Band Union Carbide Productions befreundet ist. „Martin ist so alt wie ich“, sagt Lundberg, „und wir teilen viele Ansiebten über das Leben. Wir haben viel gemeinsam und denken sehr ähnlich.“ Kann ist schwedischen Rockfans ein Begriff, weil er seit Anfang der 90er die ausgesprochen großartigen Covers der schwedischen Kultband Bob Hund gestaltet.

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2 Die Idee

„Wir wollten die Leute ein bisschen zum Nachdenken bringen“, sagt Drummer Fredrik Sandsten. “ Die Platte hatte den Arbeitstitel ,Utopia‘, wie einer der Songs. Und wir haben bei den Aufnahmne viel diskutiert über Massenkommunikation und die Massenpsychose, die unsere Gesellschaft befallen hat, speziell seit dem Zweiten Weltkrieg. Was streben die Menschen in ihrem Leben an, was sind das für eigenartige Ideale, die in einer fast schon religiösen Art und Weise verfolgt werden?“ Ebbot Lundberg ergänzt: „Dann kam Martin mit diesen Bildern an – und traf genau den Punkt. Das war letzten Sommer, noch bevor die Weltwirtschaft zusammenkrachte – danach hat ’s nur noch mehr Sinn gemacht.“

3 Die Bilder

Das auf dem Cover angerissene Grausen setzt sich quer durch das Booklet fort. Überall strahlen einem kerngesunde, unbeschwerte, bestgelaunte Menschen wie aus Huxleys „Schöne neue Welt“ entgegen, dass es einem bei eingehender Betrachtung immer kälter den Rücken hinunterläuft. Doch so hypernormal gruselig die Fotos aussehen – als hätte ein Chris Cunnigham subtil-perfide PhotoshopFantasien ausgelebt – sie sind nicht etwa für das Cover gemacht worden. “ Die Bilder kommen aus Foto-Pools, bei denen Firmen und Grafikbüros für alle möglichen PR-Broschüren, Anzeigen und Zeitschriften Fotos bestellen“, erklärt Fredrik Sandsten.

„Sie drücken immer das Gleiche aus: Da ist alles am rechten Platz, alles steril, keine Störungen, alles perfekt.“ Ebbot ergänzt: „Man sieht diese Bilder überall im Alltag, auf der ganzen Welt. Sie haben eine sehr destruktive Kraft, weil sie Lügen als Lebensideal vorgeben – und die Menschen streben nach diesem Ideal, ohne dass es ihnen vielleicht bewusst ist. „

4 Die Bildauswahl

Aus etwa 200 Fotos, die Martin Kann der Band präsentiert, wurden „natürlich die bösesten und furchteinflößendsten“ (Lundberg) ausgesucht.

„Ja, die Frau auj dem Frontcover sieht richtig gemein aus“, sagt Ebbot. „Wirhaben das Bild vor allem wegen ihrer Augen genommen.“ Und nein: die Bilder, speziell manche Gesichtsausdrücke, sind nicht etwa nachträglich „satanisiert“ worden. „Martin hat die Fotos wohl etwas nachbehandelt, um sie aufeinander abzustimmen“, sagt Fredrik Sandsten, „aber was da passiert und die Gesichter – das ist original.“

5 Die Reaktionen

„Es gibt recht extreme Meinungen zu dem Cover“, sagt Ebbot Lundberg. „Die einen sagen, es ist das hässlichste überhaupt, die anderen, es ist brillant.“ Man könnte sich auch einigen auf: Es ist beides gleichzeitig. Die Band selbst musste nicht lang diskutieren:

„Als Martin mit den Bildern ankam, brauchten wir einen Moment, bis wir die Idee geschluckt und verdaut hatten“, so Lundberg, „aber dann war uns klar: Das ist genial! Das ist GENAU das, was das Album ausdrückt.“ Und Sorgen, mit dem Motiv Käufer abzuschrecken? Fredrik Sandsten: „Das muss man riskieren, wenn man nicht ein normales Rock- Cover, sondern etwas Besonderes haben will. Niemand, mit dem wir arbeiten, hatte Bedenken wegen des Artworks. Es gab eher Skepsis, ob es so schlau ist, in diesen Zeiten eine Doppel-CD zu veröffentlichen.“

6 Das Wasserzeichen

Der einzige Hinweis – abgesehen von einem Sticker -, den das Frontcover auf die Urheber des Albums gibt, ist das „Logo“ von The Soundtrack Of Our Lives, das als Wasserzeichen unter die Bilder gelegt ist. „Das sind altgriechische Buchstaben“, erklärt Ebbot Lundberg, „sie bedeuten ,-wie oben, so unten‘. Es geht um die Interaktion von Mikro- und Makrokosmos. Eine Art ganzheitliches Symbol für das Universum.“ Dass die rätselhaften Schriftzeichen den unheimlichen Effekt der Fotos noch verstärken – als stünde ein geheimer Kult hinter dem ganzen Glücklichkeits-Grauen -, war nicht unbeabsichtigt.

Albumkritik ME 5/09

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