„Da Hast DU Mitgespielt?“
Herr Czukay, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an „Monster Movie“ denken?
Das war eine Zeit, in der wir gar nicht wussten, wer eigentlich welche Funktion hatte in der Band. Ich habe den Bass gewählt, weil ich dachte, den hört eh keiner. Sie können sich denken, wie überrascht ich war. als ich da auf einmal stark gefordert war.
Welche Bedeutung hat „Monster Movie“ heute für Sie?
Als ich „Father Cannot Yell“ zum ersten Mal auf Platte gehört habe, dachte ich erstaunt: „Da hast du mitgespielt.“ Ich war einfach stolz. Und es war wirklich verrückt, weil „Cannaxis“, mein erstes Soloalbum, und „Monster Movie“ praktisch am gleichen Tag erschienen sind (beide zunächst a/s Privatpressung auf Scheiß/iaus Becords -Anm. d. Verl.). Die Originalplatten habe ich heute noch. Kein einziges Mal gespielt (lacht).
Haben Sie eigentlich eine Lieblings-Can-Platte?
Mit der Wahl von „Monster Movie“ kann ich sehr gut leben (lacht). Als einer der Schöpfer dieser Machwerke liebt man natürlich, wie sich das für eine gute Mutter gehört, alle seine Kinder. Ich habe eher Lieblingsstücke als Lieblingsalben. „Father Cannot Yell“ gehört auf jeden Fall dazu. Englische Kritiker haben gesagt, es klänge wie eine Dampfwalze, die nicht zu stoppen ist.
Wie schätzen Sie den Einfluss von Can ein?
Der ist bei allen nachfolgenden Generationen von der New Wave bis hm zur elektronischen Musik festzustellen. „Monster Movie“ ist für mich ein Punk-Album. Wir Pseudo-Akademiker haben alles auf das Einfachste reduziert. Wir haben gelernt, bis Drei zu zählen, und dabei auch erfahren, wie schwierig das sein kann – und wie revolutionär. Die Industrialsounds, diese frühe Entdeckung von Müllqualität, diese außergewöhnlichen Sounds lange vor der digitalen Klangerzeugung: Das alles wurde erst in den Neunziger Jahren richtig verstanden. Wir waren universale Dilettanten, die den Urzustand des unblockierten Geistes erreichen wollten. Wie Kinder.
Woran arbeiten Sie heute?
Auf meiner Website (www.czukay.de; Anm. d. Verf.) kooperiere ich mit anderen Menschen. Mir schwebt eine Art Privatfemsehsender im Internet vor. mit einer täglichen, ungefähr viertelstündigen Show, so etwas wie eine Gute-Nacht-Geschichte mit visueller und akustischer Interaktion, mit Live-Auftritten im Netz, bei denen sich andere Leute zuschalten können. Außerdem will ich in diesem Jahr mein eigenes Label dignose.com starten. Ich habe fünf Alben in der Schublade.
Sehen Sie bei all diesen Möglichkeiten überhaupt noch Grenzen für sich und Ihre Arbeit?
Grenzen vielleicht insofern, als das Einfachste irgendwann wieder das Allerbeste wird.
Klingt so, als trauerten Sie manchmal ein bisschen den alten Zeiten nach.
Wissen Sie, ich bin kein Nostalgiker. Ich denke nicht im Sinn von Trauet an die gute, alte Zeit. Aber ich könnte mir gut vorstellen, wieder mit einem Instrument in der Hand in einer Band zu spielen.