Das Frankfurter Elektronik-Label INFRACom! veröffentlicht seit Jahren Klänge, die im Ausland als „New German Scene“ bezeichnet werden
„Wenn jemand gute musikalische Visionen hat und als Mensch gut ist, kann er keine schlechte Musik machen.“
Jan Hagenkötter, INFRACom!
Eine Philosophie, die fast zu optimistisch klingt, um ein Unternehmen darauf zu gründen. Durchstöbert man das Repertoire, das Jan Hagenkötter und sein Partner Name Leonhard-Vaughn die letzten Jahre über ihr Frankfurter Label INFRACom! veröffentlicht haben, dann scheint die Rechnung jedoch aufzugehen. Mit Künstlern wie Aromabar, Kosma und den Phoneheads haben sie ein Cenre bereichert, das in den Plattenläden der SoHo-Viertel in New York und London unter „New German Scene“ eingeordnet wird. „Wir haben dazu beigetragen, die Kultur in diesem Bereich zu etablieren“, so Name, „obwohl wir nie wirklich stilbildend waren“. Noch bevor seelenverwandte Labels wie Studio K7, Stereo De Luxe oder Jazzanovas JCR auf den Plan traten, übte INFRACom! großen Einfluss auf das Heranreifen einer neuen Elektronik-Elite in Deutschland aus. So entstand um Jan und Name 1991 eine Szene mit experimentierfreudigen Jungtalenten wie Stefan Hantel (alias Shantel, heute erfolgreicher K7-Künstler), Jan Peter Schwalm (heute im Umfeld von Brian Eno tätig) und Jim Avignon, die nach Möglichkeiten suchten, ihre Arbeit zu veröffentlichen. „Durch unseren DJ-Background haben wir uns immer für neue Musik interessiert“, so Jan, der mit Name damals als „Jazz-Soundsystem“ Parties und Clubs beschallte. Indie-Labels, die sich für aufbrechende Genres wie Acid Jazz, TripHop und Drum’n’Bass interessierten, gab es in den frühen 90er Jahren in Deutschland kaum, so dass Jan und Name 1993 selbst einen Sampler veröffentlichten. „Das war nur Spaß“, erinnert sich Jan und muss lachen, wenn er sich an das unverschämte Glück erinnert, das INFRACom! damals hatte: „Der Vertrieb Public Propaganda hat uns von dieser Platte 1000 Stück abgekauft wir sind vor Freude im Dreieck gesprungen.“ Als Shantel nach einer zweiten Compilation ein ganzes Album veröffentlichen wollte, wurde es für Jan und Name ernst: „Wir wollten das machen und hatten die fixe Idee, dass man davon leben kann“, so Jan. „Finanziell war das schwierig, aber wir haben uns bis heute stetig gesteigert.“ Die Arbeit mit Künstlern haben die beiden von Anfang an „ökonomisch ernst genommen“, um Musikern ein hauptberufliches Schaffen zu ermöglichen. Doch Idealismus kostet Geld, und so war INFRACom! nach vier Platten „in der Realität angekommen“, wie es Name formuliert. Clevere Ideen brachten den Aufschwung: Um das eigene Repertoire in Deutschland bekannt zu machen, gründete INFRACom! den Frankfurter Privatsender Radio X und das Magazin „Tribes of da Underground“. Durchgesetzt haben sich Jan und Name aber letztlich, weil sie sich in zehn Jahren INFRACom! unablässig für die Menschen hinter der Musik interessiert haben. „Wir ringen mit unseren Künstlern um die Alben“, meint Jan, der mit Name nicht selten hoffnungsvollen Newcomern die Studiotechnik vorfinanziert hat. „Musik ist unsere Leidenschaft, in der Arbeit aber haben wir es mit Menschen zu tun. Die müssen teamfähig sein. Deshalb liegt zwischen dem Kennenlernen und der ersten Maxi bei uns mindestens ein Jahr.“
www.infracom-records.de