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Die 100 besten Gitarristen und Gitarristinnen aller Zeiten


Von St. Vincent bis Jimi Hendrix: Hier ist unser Ranking der 100 besten Gitarren-Legenden.

89

Tom Verlaine

Tom Verlaines Gitarre klingt nicht (nur) nach den späten 1970er-Jahren. Wie sie Glam mit Psychedelic mit Punk verband, bestellte sie das Feld für den College-Rock der 1980er, den Alternative der 1990er, den New-York-Sound der 2000er. Ohne Verlaine keine dB’s, keine R.E.M., keine Strokes. (Jochen Overbeck)

Der Moment: Der Anfang von „Without A Word“, zu finden auf dem Soloalbum DREAMTIME (1981).

88

Andy Gill

Gills höhenlastiges Spiel klingt auch heute noch wie die Vertonung über- urbaner Impressionen, nüchtern, fast sachlich, im zackigen Gleichklang mit Drums und Bass überaus tanzbar, die kürzeste Entfernung zwischen Postpunk und Disco. (Ingo Scheel)

Der Moment: Die Riffs im Bass-Intro von „Damaged Goods“, die gesamte New Wave Of The New Wave sog hier Nektar.

87

Adrianne Lenker

Solo entlockt Lenker ihrer akustischen Gitarre die subtilsten Nuancen, mit Big Thief entfesselt sie bisweilen einen glorreichen, an Neil Young erinnernden Krach. (David Numberger)

Der Moment: Wenn im Gesangsteil von „Not“ die Spannung nicht mehr auszuhalten ist, die Stimme schon wegzubrechen droht, brennt Lenker dieses kathartische Gitarrensolo ab.

86

Richard Fariña

Richard Fariña starb 1966 mit 29 Jahren bei einem Motorradunfall. Er war charismatisch, wunderschön, Schriftsteller – und hervorragender Gitarrist. Mit seiner Ehefrau Mimi (geborene Baez) spielte er Folk, der nach Kalifornien klang und nach dem Village. (Jochen Overbeck)

Der Moment: Das Paar bei Pete Seeger; Fariña spielt die Dulcimer-Gitarre. Bei YouTube nach „Bold Marauder“ suchen.

85

J.J. Cale

Cales Trick, immer ein bisschen relaxed hinter der Musik her zu spielen, machte seinen Stil unverwechselbar. Völlig unpathetisch, eben „laid back“, begleitete er die Entwürfe anderer, hatte aber auch einen eigenen Hit mit „Cocaine“ im Jahr 1977. Er starb 2013. (Rebecca Spilker)

Der Moment: Seine Gitarrenarbeit bei „Crazy Mama.“

84

Mick Jones

Kein leichter Stand in einer Band mit einem Über-Image wie The Clash und einem Über-Frontmann wie Strummer. Dabei gebühren Jones massig Credits für seinen Evolutionsanteil, sein Stil bar jeder Grenzen, Punk-Stakkato à la „London’s Burning“, Atmo-Scapes („Lost In The Supermarket“), Dub und Reggae („Police And Thieves“). (Ingo Scheel)

Der Moment: Der „Complete Control“-Crossover – von Punk bis Schweinerock.

83

Rivers Cuomo


Was hört der Nerd als junger Mann? Metal! Prägende Jahre waren das für Weezer-Frontmann Rivers Cuomo, sie lehrten ihn das Shredden. Bis heute ist das seine geheime Superpower. Es jauchzt das Herz, wenn unerwartet die Metal-Axt in den unschuldigen Power Pop fährt. (Reiner Reitsamer)

Der Moment: Das Crescendo von „Only In Dreams“, wo Lust und Frust sich ins Unermessliche steigern.

82

Walter Becker

Nicht nur, dass Becker Zeit seines Lebens Wert auf saubere Spieltechnik legte, er litt nach eigenen Angaben an G.A.S., dem „Gitarren-Anschaffungs-Syndrom“. Ein Nerd. Seine Gitarrensoli, sein instrumentales Kommentieren von Texten, bleiben unvergessen, (Rebecca Spilker)

Der Moment: Sein Solo in „Do It Again“ von Steely Dan bei der Show im Londoner Rainbow Theatre, 1974.

81

Bob Mould

Durch die Ramones zu seinem Instrument gekommen, kam für die Hüsker-Dü-Legende stets Ausdruck und Gefühl vor Raffinesse. So entschied er sich auch für seine Lieblings-Stratocaster, nachdem er sie nur 15 Sekunden lang gespielt hatte – unverstärkt. Er fühlte, dass es Liebe war. (Stephan Rehm Rozanes)

Der Moment: Wenn er nach 1:40 Minuten des euphorischen Gebretters von „Celebrated Summer“ unvermittelt eine Zwölfsaiter für einen hinreißenden, akustischen Mittelteil auspackt.

80

Carlos Santana

Wenn man sich vor Def-Leppard-Covers feat. Chris Daughtry fürchtet, sollte man einen Bogen um das Spätwerk Santanas machen. Neben seiner technischen Brillanz ist sein historisches Verdienst Latin-Jazz im Westen popularisiert zu haben. (Stephan Rehm Rozanes)

Der Moment: Ein Herz aus Stein muss man haben, wenn einen die ersten sechs Sekunden von „Samba Pa Ti“ nicht berühren, oder? Dafür, dass sie so totgenudelt sind, können sie ja nichts.

79

Tom Morello

Anfang der 90er revolutionieren Rage Against The Machine nicht nur inhaltlich politisch ambitioniert den (Crossover-)Rock, sondern Morello auch das bisherige Shredder-Rollenmodell, indem er Soundeffekte bis hin zu DJ-Scratching auf der Gitarre emuliert. (Frank Thiessies)

Der Moment: „Bullet In The Head“ lässt Polizei-Sirenen via Saitenarbeit aufheulen.

78

Anna Calvi

Als Gitarre von Anna Calvi macht man was mit. Die Britin drischt auf ihre Fender ein, haut sie sich auf den Oberschenkel, holt durch Verrenkung der Saiten groteske Töne aus ihr heraus – um sie im nächsten Augenblick ganz sanft zu streicheln. (David Numberger)

Der Moment: Wenn Calvi im Konzert bei „Alpha“ auf die Knie fällt, die Gitarre im Feedback-Lärm vor sich auf dem Boden, ist sie die aktualisierte Version ihres Idols Hendrix.

77

Nancy Wilson

In der bemühten Led-Zeppelin-Analogie der Siebziger ist Nancy ohne Zweifel der Jimmy Page zu Schwesterherz Anns Robert Plant. In der Tat sind Heart sogar die erste von Frauen geführte Hardrock-Band, die auch einen erheblichen Einfluss auf die Grunge-Bewegung haben sollte. (Frank Thiessies)

Der Moment: Wilsons Vorreiterrolle für Gitarristinnen im Rampenlicht findet im Folk-inspirierten, filigranen Akustikgitarren-(Vor-)Spiel von „Crazy On You“ ersten Ausdruck.

76

Rick McPhail

Die Tocotronic der 90er lebten von einem erfrischenden Dilettantismus, dennoch war es die beste Entscheidung, den Amerikaner Rick McPhail ins System der Band zu holen. Erst sein lässiges, aber auch virtuoses Spiel ermöglicht es, all die Tiefen nach jener ersten Bandphase auszuloten, die Tocotronic von da an prägen sollten. (Linus Volkmann)

Der Moment: Wenn Sänger Dirk von Lowtzow bei einem Tocotronic-Livekonzert begeistert zu Rick schaut, der gerade wieder ein unkonventionelles Solo durchbrettert.

75

Joe Perry

Der Leadgitarrist von Aerosmith lebt für die Musik. Ende der 70er verließ er die millionenschwere Band, um lieber wieder in kleinen Clubs den Blues-basierten Hardrock zu spielen, auf den er Lust hat. Statt in verdienten Ruhestand zu gehen, tourt der 73-Jährige heute an der Seite von Alice Cooper und Johnny Depp als Hollywood Vampires. (Stephan Rehm Rozanes)

Der Moment: Das Gitarrenduell, das er sich auf „Love In An Elevator“ mit Kollege Brad Whitford liefert, das so spannend catchy ist, dass seine für einen Popsong epische Länge von zwei Minuten nicht auffällt.

74

Jakob Ilja

Im Podcast sprechen Element Of Crime davon, wie bei den Aufnahmen zur ROMANTIK-Platte 2000 die Gruppe beinahe zerbrochen ist. Weil sie keine Form besitzt, über Konflikte zu reden, und Jakob Ilja daraufhin die kreative Arbeit einstellt. Was die Lieder leerfegt. Sven Regener weiß: Er braucht Iljas melodische Soli, weil sie es sind, die aus Teilen Lieder machen. (André Bosse)

Der Moment: Die Gitarrenmelodie bei „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ – das Solo ist der wahre Refrain.

73

Charlie Burchill

Schlichte Gemüter, sorry, mögen seine Band als Ersatz-U2 ablegen, als 80s-Compi-Lieferanten, alle anderen wissen Bescheid. Songs wie „Theme For Great Cities“, „New Gold Dream“ oder „East At Easter“ sind innovativer Stadion-Postpunk wie von einem anderen Stern. Burchills USP: den Song im Song finden, wie eine unsichtbare Tür, die einen Parallelzugang bietet, verwirrend, dabei unwiderstehlich. (Ingo Scheel)

Der Moment: Ab 2.18 Minuten von „See The Lights“. Seufz.

72

Courtney Barnett

Courtney Barnett

Wie ihr großes Idol Kurt Cobain wurde auch die Australierin mit einer dominanten linken Hand geboren und musste sich aus Mangel an Alternativen mit Rechtshänder-Klampfen begnügen. Eine weitere Not, aus der sie eine Tugend machte: Da sie zu Beginn ihrer Karriere noch allein auf der Bühne stand, entwickelte sie eine Mischform aus Lead- und Rhythmusgitarre. Zusammen mit ihrer Abneigung für Plektren – Barnett bevorzugt Fingerpicking – entstand so ein ganz individueller Spielstil. (Stephan Rehm Rozanes)

Der Moment: Um ein Maß an Spontaneität zu bewahren, hebt Barnett sich Soli gern bis zum Schluss auf. So kann ein relativ regelkonformer Song wie „Avant Gardener“ in seinem Solo die schrägsten Töne aushalten.

71

Joey Santiago

In den besten Pixies-Songs ist immer Sommer, aber keiner, wie er früher einmal war. Sondern einer, in dem eine „Wave Of Mutilation“ ange- spült wird und im „Holiday Song“ der Vater dem Sohn ausredet, zum Bild seiner Schwester zu onanieren. Black Francis hat die Texte, Kim Deal die zweite Ebene, Joey Santiago spielt eine Gitarre, die kongenial Surf mit Gewalt vereint. (André Bosse)

Der Moment: Mitten in „Monkey Gone To Heaven“ bittet Black Francis: „Rock Me, Joe“. Und Joe liefert.

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