Der Hakenschlag: Wie Doja Cat es sich mit ihren „Kätzchen“ verscherzte
Die Fans sind alles? Die kennt man doch gar nicht! Das muss man auch mal artikulieren dürfen.
Wer wirklich was zu sagen hat im Pop, weiß eine Fan-Armee mit eigenem Namen hinter sich. Taylor Swift hat die Swifties, Ariana Grande die Arianators, Ellie Goulding die, nun ja, Goulddiggers. Doja Cat hatte bis vor Kurzem die Kittenz, nun hat sie aber vor allen Dingen einen Haufen verstörter Fans am Hals. In einem Post beschwerte sich die Musikerin darüber, dass sich ihr „Fandom“ einen so bescheuerten Namen wie „Kätzchen“ gibt. Als sie daraufhin aufgefordert wurde, ihren Unterstützern zumindest eine kleine Liebeserklärung zu machen, pampte sie zurück: Warum eigentlich, sie kenne diese Leute doch gar nicht.
Das ist natürlich korrekt, allerdings auch ein mittelschwerer Skandal für viele Fans, die parasoziale Beziehungen zu ihren Stars völlig normal finden. Zugleich ist Doja Cats kleiner reality check ein erfrischend dreister Hakenschlag von einer Sängerin, die als Netzphänomen und also mit Unterstützung vieler Hypewilliger bekannt wurde. Im Kuhkostüm ertanzte sie sich 2018 mit ihrem Song „Mooo!“ globale Aufmerksamkeit als Raptalent mit toll disparater Post-Internet-Ästhetik und einem Händchen für Meme-taugliche Videos.
Abgründig, nie allerdings ernsthaft verstörend
Zum Release ihres vierten Albums SCARLET scheint sie sich nun letzten Resten der Niedlichkeit dieses frühen Erfolgs entledigen zu wollen. Sie verwandelte sich im Video zu ihrem Song „Demons“ in eine unansehnliche Höllengestalt, handelte sich dazu noch Ärger mit einer deutschen Metalband ein, weil das ursprünglich angedachte Artwork einem derer Albencover überaus ähnlich war.
Das alles wirkt ein wenig, als wolle eine Soundcloudberühmtheit mit aller Gewalt endlich als Grenzgängerin ernst genommen werden, klingt aber ziemlich toll: abgründig, nie allerdings ernsthaft verstörend, wie es die Bildsprache vermuten lässt. Seit Wochen kotzen sich die sorgfältig vergrätzten Fans über die neue, fiese Doja Cat aus. Die größte Pointe dieser Anti-Kampagne: Heimlich hören dürften die Fans ihre Musik trotzdem. Doja Cats Single „Paint The Town Red“ war sogar auf Platz 3 der Singlecharts.
Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 11/2023.