Der Minister rockt
Gut 200 Jahre nach der Revolution hat Frankreich erneut die Nase vorn. Während in Deutschland die staatliche Kulturförderung noch immer einen Riesen-Bogen um den Rock 'n' Roll macht, hat Paris jetzt schon einen eigenen Minister für die Affenmusik.
Lederjacke statt Graumann, den Ghettoblaster auf dem Schreibtisch, stets ein offenes Ohr bei seinem Chef, dem französischen Kultur-Minister Jack Lang – schon von weitem unterscheidet sich der 26jährige Bruno Lion von seinen ältlichen Minister-Kollegen. „Charge de mission pour le rock“ ist seine offizielle Amtsbezeichnung, Lion residiert seit einigen Wochen in einem großzügigen Büro im dritten Stock des Pariser Kultur-Ministeriums mit Blick auf den Louvre. „Schon in der Schule war ich immer aufsässig“, betont der smarte Ex-Jura-Student seine frühe Rocker-Qualifikation, mein Vater hat mir nicht mal mit dem katholischen Internat Zucht und Ordnung beibringen können.“
Dabei geht es in der Amtsstube des Rock-Ministers durchaus nicht unordentlich zu. Sauber werden die an die neue Behörde gerichteten Hilfs-Gesuche von Live-Clubs und Independent-Plattenfirmen abgeheftet. Dort verschimmeln sie aber nicht – in wenigen Wochen hat Lion (Jahresgehalt: 60000 Mark) schon drei Millionen Mark für gezielte Rock-Förderung bei seinem Chef lockermachen können.
Der rockende Minister, gelernter Konzert-Veranstalter und Herausgeber des jährlichen Rock-Almanach in Frankreich, weiß, daß er „nicht über Nacht Frankreich zu einem Rock-’n‘-Roll-Land wie Amerika“ machen kann, ,aber es ist schon viel erreicht, wenn wir zum Beispiel mit einer kleinen Geldspritze französischen Bands landesweite Tourneen ermöglichen. „