Der Qualitätsgarant


Mike Mogis verlegte sein Studio kürzlich von Lincoln nach Omaha, um näher bei den Bands zu sein, mit denen er seit Jahren so intensiv zusammenarbeitet. Der Multiinstrumentalist, der einst mit Saddle-Creek-Chef Robb Nansel bei Lullaby For The Working Class spielte, ist Produzent der Bright-Eyes-Platten und neben Conor Oberst auch Bright Eyes‚ einziges festes Mitglied. Zudem führte er bei fast allen herausragenden Alben Regie, die bei Saddle Creek erschienen sind, darunter The Ugly Organ (Cursive), The Execution Of All Things (Rilo Kiley), Album Of The Year (The Good Life) und Birth (The Faint).

Wie viele Stunden arbeitest du am Tag?

Früher ungefähr 14. Sieben Tage die Woche. Weihnachten, Silvester und Neujahr auch. Ich versuche jetzt, kürzer zu treten, weil ich eine Tochter hab 1 . Also mach‘ ich nur noch zehn Stunden. Jetzt bin ich aber erst mal sieben Monate lang mit Bright Eyes auf Tour.

Du hast Conor Oberst schon Mitte der 90er mit seiner Band Commander Venus aufgenommen. Warst du damals schon Produzent?

Nein, (lacht) Ich hab nur Gerate zur Verfügung gestellt. Wahrscheinlich wurde ich mit Letting Off The Happiness zum Produzent. Obwohl ich mich damals noch einfach als Teil der Band sah. Beim nächsten Album haben mich die anderen immer öfter Produzent genannt. Das hat auch in mir etwas verändert.

Nach was hast du bei Conor gesucht, als du ihn produziert hast?

Was ich in Conor sah, war diese wunderbare Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen und den Zuhöreran einen anderen Ort zu bringen. Das ist ein großes Talent. Die Songs, die er geschrieben hat, waren textlich schon damals sehr bewegend. Die Aufgabe war dann, sich zu überlegen, wie man die sehr rudimentären Strukturen im Studio erweitern konnte. Ich wollte Conor ein kreativer Partner sein, der ihn von dem Vorteil der 24spurigen Aufnahmetechnik überzeugt. Er war ein grofier Fan des Lo-Fi-Sounds und war sehr mißtrauisch, was Sludiotechnik anbelangt.

Dann ist es quasi symbolisch, wie Conors Stimme am Anfang von lifted … erst „to-fi“ aus dem Autoradio kommt und dann nach und nach klarer wird?

Genau. (lacht) Wir haben allerlei kleine Insider-Sachen auf den Platten versteckt.

Wo liegen Conors Schwächen?

Seine Stimme ist das zentrale Element von Bright Eyes, und da haben wir von 1995 bis heute auch die meiste Arbeit reingesteckt. Die Art, wie er singt, ist ja reizend, sogar wenn er total falsch singt und nur wimmert und heult, aber mit Fevers And Mirrors hat er erstmals selbst ein Bewußtsein dafür entwickelt, was er tut. Die Präsentation seiner Stimme wurde uns dann sehrviel wichtiger. Seitdem ist er bestandig besser geworden, und bei den beiden neuen Alben ging alles viel leichter, weil er als Sänger so große Fortschritte gemacht hat. Früher hatte er außerdem oft nur einen Song auf der Akustikgitarre geschrieben, und wir mußten dann alles arrangieren. Heute kommt er rein und sagt: „So sollen die Drums klingen – wie findest du das?“ Dann arbeiten wir gemeinsam was aus. Das konnte er damals noch nicht

Hast du inzwischen viele Angebote von Bands, die nichts mit Saddle Creek zu tun haben?

Schon. Seit Cursive. The Faint und Bright Eyes erfolgreich geworden sind, häuft sich das. Das freut mich, denn die Konkurrenz ist groß.

Du kannst dir jetzt aussuchen, was du machst?

Ja. Was für ein Luxus. Ich mußte früher jeden Job annehmen, um mir überhaupt das ganze Audio-Equipment leisten zu können, das ich dauernd kaufe. Ich bin süchtig nach obskurem Zeug, nach alten Keyboards und so …

Mit welcher Methode arbeitest du – psychologisch, aggressiv? Oder eher zurückhaltend, um Künstlern ein angenehmes Umfeld zu geben?

Letzteres. Aber um das zu tun, mußt du die Leute gut kennenlernen. Bei jeder Produktion gibt es eine Phase der Veredlung, in der man die Songs zu Klarheit führt. Einer wie ich kann die Parts ausarbeiten, bei denen sich eine Band nicht ganz sicher ist. Aber die wichtigste Grundlage ist freier künstlerischer Ausdruck. Viele Produzenten sehen das anders und stellen komische Regeln auf: „Zwischen dem Ende des ersten Refrains und dem Anfang der zweiten Strophe darf nicht mehr als drei Sekunden Platz sein.“ So läuft das, ohne Scheiß. Sonst schaffst du’s nicht ins Radio. Deshalb ist Top-40-Musik oft so verwässert. So was ertrag ich nicht. Weshalb ich wahrscheinlich immer als der Indie-fucking-Producer gelten werde, aber das ist mir egal.