Der Sprinter
Damit gar nicht erst Irrtümer entstehen, steht es gleich am Anfang da, noch vor dem Haupttitel: „Die Zeit der Scherze ist vorbei“. Wieland, der Held des Films, nimmt sich das zu Herzen: der Film selber allerdings nicht: Denn „Der Sprinter“ von Christoph Böll (Co-Autor und Regisseur) und Wieland Samolak (Co-Autor und Hauptdarsteller) steckt voller Scherze. Die meisten sind von der bitterbösen Sorte.
Wie gesagt: Die Zeit der Scherze ist vorbei. Das jedenfalls meint die besorgte Mutter von Wieland. So gibt sie ihm den guten Rat: Normal werden! Weil der geliebte Sohn schwul ist. Wieland soll es doch einmal mit Sport versuchen. Schließlich sei der Vater ja mal Gaumeister im Schlagball gewesen.
Wieland, der zarte Jüngling mit blondem Langhaar und einem verträumten Madonnen-Gesicht, verläßt daraufhin seinen bevorzugten Aufenthaltsort (sein Bett) und begibt sich in ein Sportgeschäft. Zunächst ist er ratlos. Doch als er einen athletischen jungen Mann in ein rasantes rotes Höschen steigen sieht, steht sein Entschluß schlagartig fest: Er wird Sprinter!
Draußen vor der Tür wartet schon das Schicksal in der Gestalt des Trainers des lokalen Sportvereins. Die Leichtatlethik-Abteilung braucht dringend noch ein Mitglied; daher ist dem Trainer jeder recht. Sogar Wieland.
Bald aber nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Es erscheint in der massigen Gestalt einer Kugelstoßerin (Renate Muhri). Es ist Liebe auf den ersten Blick. Da es aber erst einmal bei Blicken bleibt, stimulieren sich die beiden Liebenden gegenseitig zu Spitzenleistungen. Der Trainer nützt das so geschickt aus, daß er seinem Boß nach kurzer Zeit zwei Kreismeister präsentieren kann.
Doch das dicke Ende folgt auf dem Fuße: Aus der Landesmeisterschaft wird nichts, der Sprinter liegt im Krankenhaus, eines wichtigen Körperteils verlustig, während die Kugelstoßerin glücklich ist ob der bevorstehenden Heirat. Und die Mama steht dabei und sagt: „Ja ja, alles im Leben hat seinen Preis“.
Jedenfalls machen sich Christoph Böll (er ist ein Neffe des bekannten Schriftstellers) und Wieland Samolak hemmungslos lustig über alles, was angeblich normal ist. Beim diesjährigen Wettbewerb um den Max-Ophüls-Preis der Stadt Saarbrücken erhielt „Der Sprinter“ einen Förderungspreis.