Jahresrückblick 2019

Die 50 besten Platten des Jahres 2019


Wir haben abgestimmt und die (subjektiv) einzig wahre Liste erstellt: Das sind die 50 Favoriten der ME-Redaktion und somit die besten Alben des Jahres 2019. Ha!

1. Billie Eilish – WHEN WE ALL FALL ASLEEP, WHERE DO WE GO?

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Interscope/Universal (VÖ: 29.3.)

Es war einer dieser seltenen Momente, wenn der Hype nicht größer sein kann – und vollauf bestätigt wird. Als Billie Eilishs Debütalbum Ende März erschien, war sie bereits als „die neue Nirvana“ bezeichnet worden. Sie hatte einen Song auf dem Begleitalbum zum auszeichnungssammelnden Filmdrama „Roma“ und allein in den USA eine Million Stück ihrer ersten EP „Don’t Smile At Me“, mit Gastauftritten von Superstars wie Vince Staples und Khalid, verkauft. Die hatte sie 2017 im Alter von 15 Jahren veröffentlicht. Geht’s noch? Ja, es ging noch – nach ganz oben. Das Album hätte droppen und floppen können und Billie Eilish hätte trotz allem noch die Aussicht auf ein relativ normales Leben gehabt. Diese Chance hat ihr der globale Siegeszug von WHEN WE ALL FALL ASLEEP, WHERE DO WE GO?, das in mehr als 20 Ländern der Welt aus dem Stand Platz 1 der Charts erreichte, verwirkt. Doch nicht nur aufgrund sei- nes immensen Erfolgs ist es das eindeutige Album des Jahres, es ist außerdem noch weit mehr. Diese Songs, die Eilish allein oder mit ihrem Bruder Finneas O’Connell geschrieben und in dessen Heimstudio aufgenommen hat, bündeln die Sorgen, die Wünsche und den Humor einer Generation, die mit weniger Grenzen als jede zuvor aufwächst. Dementsprechend springen die Stücke durch die Sparten, teilweise sogar innerhalb eines Songs, wenn sich etwa der dröhnende Quirk-Pop von „Bad Guy“ im Finale urplötzlich in etwas verwandelt, das sich nur als Parodie auf den Uniformitäts-Trap mit seinen hektischen Hi-Hats und dem Monsterbass als Kontrastpunkt verstehen lässt.

Denn einen Flirt mit dem Zeitgeist hätte Eilish überhaupt nicht nötig, wie das folgende „Xanny“ zeigt: eine elegische Ballade, die die 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts mit denen des 21. verknüpft. Eilish überwindet die Gegenwart und erfindet sie neu. Das klingt nie nach Rock’n’Roll, riecht aber stark danach. Analog zum Genre-Hopping hält sie auch ihren stimmlichen Ausdruck fluid. Da stecken oft in nur einer Zeile Arroganz, Selbstzweifel und Nonchalance drin, immer aber: Ehrlichkeit. Und eben Komik. In „All The Good Girls Go To Hell“ veralbert sie sogar das eigene Riff. Dieser kleine Moment sagt viel über Eilishs Einschätzung des ganzen Boheis um ihre Person aus und When We All Fall Asleep, somit über ihre Selbsteinschätzung: Entspannt euch, Pardon: chillt mal!

Das von Klavier getragene „Wish You Were Gay“ ist nicht nur aufgrund seines Kernanliegens einer der originellsten Lovesongs des Jahrzehnts, sondern auch wegen seiner Zahlenspielereien, die in der großartigen Zeile münden: „I ate alone at 7, you were six minutes away“. Danach kommt Applaus vom Band, der umgehend abgewürgt wird. Wieder das Postulat der Unaufgeregtheit: auch die größte Herzscheiße wird irgendwann runtergespült. Im folgenden „When The Party’s Over“ zeigt sie Lana Del Rey, wie man mit Flüchtigkeiten spielende Musik macht, an der man sich dennoch festhalten kann. Und trotz oder gerade wegen all der Augenzwinkerei nimmt man ihr ein Stück wie „I Love You“ fraglos ab: „I don’t want to, but I love you“, das universelle Drama des (Ex-)Teenagers In Love. Vielleicht sind es diese zentralen Themen, mit denen Billie Eilish die Herzen der Altersgruppen erobert. Zumindest dürften sie helfen, wahrscheinlicher ist aber: Es sind die Songs. Sie alle sind Hits! Sogar das 14-sekündige Skit „!!!!!!!“, das keine Songdefinition erfüllt, ging in die Charts – zwar nur in Kanada und dort auch nur auf Platz 79, aber dennoch zeigt dieser Erfolg das Ausmaß der Billiemania. Lang lebe die neue Queen of Pop! Stephan Rehm Rozanes

Das hier waren übrigens unsere Top-50-Alben Jahres 2018 – für Vergleichs-Nerds und Listen-Fans:

Die 50 besten Platten des Jahres 2018
Interscope Records KENNETH CAPPELLO