Die Delgados wollen keine Kritikerband mehr sein.
Dass die Delgados ganz große Selbermacher sind, hat Vor- und Nachteile. Die vierköpfige Band aus Glasgow macht nicht nur hervorragende Platten, sie veröffentlicht diese auch auf dem eigenen Label Chemikal Underground und ist somit in den gesamten Marketingapparat eingebunden. „Das hatte anfangs vor altem praktische Gründe“, erklärt Sänger Alun Woodward. „Wir hatten uns zu einer Band zusammengefunden und viele gute Songs geschrieben, fanden aber kein Label, das unsere Platte veröffentlichen wollte. Also haben wir das 1997 einfach selbst gemacht. So haben wir einerseits die absolute Kontrolle und die Möglichkeit, befreundeten Bands auch ein Forum zu geben, andererseits aber auch eine Menge mehr Arbeit.“ Und die lohnt sich – zumindest für Bands wie Mogwai und Interpol, auf die größere, finanzkräftigere Labels durch die Talentschmiede Chemikal Underground aufmerksam wurden und sie flugs abwarben. Die Delgados wissen halt, was gut ist. Leider schlägt sich das keineswegs in den Verkaufszahlen ihrer eigenen Platten nieder. Während die musikalisch recht ähnlichen Belle & Sebastian sich mittlerweile eine hörige Anhängerschaft erspielt haben und ehemalige Labelkollegen immer erfolgreicher werden, kennt trotz lobender Reviews und einer Nominierung für den britischen Mercury Award bis heute kaum jemand die Band und ihren intelligenten, zartgliedrigen Independent-Pop. „Ich verstehe das auch nicht“, wundert sich Woodward. „Die Presse liebt uns, aber keiner kauft unsere Platten. Wir sind eine typische Kritikerband.“ universal AUDIO, das fünfte Album der Band, ist nun geradliniger und weniger eklektisch ausgefallen als die hochgelobten Vorgänger HATE (2002] und the GREAT EASTERN (2000). Die Gitarre steht klar im Vordergrund, insgesamt verlässt man sich auf altbewährte Songstrukturen, anstatt sich in verträumten Melodien zu verlieren-Simplifizierung als neue Marketingstrategie? „Nein, das ist einfach so passiert, wir hatten einfach keine Lust mehr auf Streichensenbles“, lacht da der Schotte. „Wir können ja auch nicht immer dasselbe machen. Aber es wäre schön, wenn uns diesmal jemand mitbekommen würde.“ Es ist ihnen zu wünschen. Denn UNIVERSAL AUDIO ist keineswegs nur eine abgespeckte Version der Delgados, sondern ein veritabler Seelenstreichler und sicherlich nicht das uninteressanteste Produkt, das das Glasgower Label zu bieten hat.
