Die Berliner Edel-Independent-Plattenfirma City Slang dient als neue Zentrale für „Labels Germany“, eine Virgin-Labelgruppe vom Feinsten.
Es scheint paradox, doch es ist der muskulöse Mega-Konzern Virgin Records, der derzeit den hohlwangigen Independent-Labels unter die Arme greift. Über zehn Jahre hat die mächtige Plattenfirma in Frankreich erfolgreich ein Konzept getestet, das nun auch in Deutschland zur Anwendung kommt: Engagierte und musikalisch interessante Indie-Labels werden zu einem „Paket“ verschnürt, das dann für ein jeweiliges Land zentral unterstützt und vermarket wird. Um die Finanzierung und den Vertrieb der CDs kümmert sich Virgin, Management und Koordination übernimmt ein erfahrener Independent-Spezialist. Die Credibility bleibt erhalten, es erweitert sich lediglich der Budget-Rahmen. „Wenn es zuckt, können wir den Muskel mitbenutzen“, so drückt es Christof Ellinghaus – Chef der angesehenen Berliner Plattenfirma City Slang und neuerdings der „Labels Germany“-Beauftragte – scherzhaft aus. Was heißen will: Wenn ein Newcomer das Potenzial zum Durchstarten hat, dann sorgt Virgin nun für den finanziellen Schub. City Slang wurde als Nervenzentrum und Drehscheibe für das deutsche „Labels“-Modell ausgesucht, da Ellinghaus in den vergangenen elf Jahren beispielhaft gezeigt hat, wie Independent Musik höchst erfolgreich vermarktet werden kann (u.a. Entdeckung von Hole, Aufbau von Calexico und Tortoise). Ellinghaus‘ Arbeitsvolumen hat sich in den letzten Monaten mindestens verdoppelt, und obwohl er witzelt, „jetzt natürlich permanent mit den Nerven am Ende zu sein“, wirkt er ausgeglichen und entspannt. Um die Mehrbelastung aufzufangen, hat er neue Mitarbeiter eingestellt, die sich mit ihm um die Belange der kooperierenden Labels kümmern: Das Beastie Boys-Label Grand Royal ist mit im Boot, Source (die Heimat von Air und Turin Brakes), Wall Of Sound und andere. Und da Ellinghaus von jeher anspruchsvoll ist, war für die vertragliche Anbindung des Label-Pakets die Qualität der kooperierenden Plattenfirmen entscheidend. „Ich hab mir das natürlich gut überlegt“, bestätigt er. „Was beinhaltet dieser Vertrag? Wie weit kann ich mitgestalten? Und tatsächlich kann ich unter alles meinen Namen schreiben. Die Kings Of Convenience zum Beispiel, die hätte ich mit Kusshand auch bei City Slang unter Vertrag genommen“. Das „Labels“-Konzept funktioniert europaweit (zu den bestehenden Paketen in Frankreich, Deutschland, Italien und Holland/Belgien werden Töchter in Spanien und Skandinavien gegründet), so dass Ellinghaus eigene Entdeckungen wie Ladytron nun selbst relativ mühelos international etablieren kann. Und trotz einschneidender Veränderungen ist die Atmosphäre in der Skalitzer Straße in Kreuzberg ungebrochen locker und kreativ. Die Philosophie des „Labels“-Konzepts ist mit den Ansichten von Ellinghaus voll kompatibel. „Den Bands, die jetzt dazugekommen sind, geht es um Leidenschaft an der Musik, um Spaß an ihren Projekten“, erklärt er und fragt grinsend: „Ist jetzt alles gesagt, oder soll ich mir noch ein paar plakative Phrasen aus dem Ärmel schütteln?“
www.labels.tm.fr