Die Fahne hoch
THE COMMUNARDS sind zu zweit: der trainierte Pianist Richard Coles und der untrainierte Sänger Jimmy Somerville, die frühere Bronski Beat-Stimme. Mit ihrer dritten Single, dem Thelma Houston-Disco-Hit "Don't Leave Me This Way", landeten die beiden in England ihre erste Nummer eins.
Chart-Erfolg, Tournee -— zu Hause waren Jimmy und Richard schon seit Wochen nicht mehr, was ersterem durchaus zu schaffen macht: „Richard hängt mehr in Clubs herum“, erzählt Jimmy, „während ich das inzwischen langweilig finde und mich mehr im privaten Rahmen bewege, wo die Freunde deine wirklichen Freunde sind. “ Der Verzicht aufs Privatleben wird allerdings nicht schlecht bezahlt. Richard Coles: „Ganz ehrlich: Reich zu sein ist besser als arm zu sein. Geld gibt dir ein Gefühl, die Dinge des Lebens einfach angenehmer zu empfinden, es gibt dir mehr Sicherheiten. „
Selbst erklärte Gegner politischer Bands vom Schlage der Red Skins, „die bloß mit hauen Gitarren und Schlachtrufen agieren“, haben die Communards ihrem Debüt-Album ein Farbposter beigelegt, auf dem sie mit roter Fahne und Sowjetsternchen posieren, sehr pathetisch, sehr chic. Ist diese Trivialisierung von Symbolen und Inhalten nicht ebenso nichtssagend und flach wie die Sprache der Red Skins oder „The Face“-Models im Terroristen-Look?
„Normalerweise verbindet man mit der Fahnenpose doch immer diese leidenschaftliche russische Frau“, findet Jimmy. „Und ßr uns war es Spaß — mehr nicht. “ Kollege Coles stellt etwas höhere Ansprüche: „Das Poster versteht sich als Parodie auf die Kunst des Sowjetischen Realismus.“ Somerville: „Natürlich hat das auch eine inhaltliche Bedeutung für uns, denn wir glauben an die Politik des Sozialismus. Gleichzeitig verstehen wir diese Pose als Witz — schließlich kann doch jeder eine rote Fahne hochhalten. „
Die Fahne ist auch nicht das einzige, was Jimmy Somerville hochhält: „Bronski Beat war die beste Erfahrung, die ich in meinem ganzen Leben gemacht habe: Wir waren drei schwule Männer, die für eine Sache eingetreten sind, die bis dahin niemand zu berühren gewagt hatte — außer Tom Robinson. Ich habe die Band schließlich verlassen, weil es zwischen uns zu Spannungen kam. Dabei spielten persönliche Leidenschaften eine wichtige Rolle — meine lagen dabei ganz außerhalb der Band. Auch mit Bronski Beat habe ich mich nie in der Rolle eines Sängers gefühlt; ich sehe mich als jemanden, der seinen Spaß haben will und das Lachen nicht vergißt. Ich habe auch nie den Ehrgeiz verspürt, Sänger zu sein oder zu werden, ich hob mir Musik immer lieber angehört, von D.A.F. über Motown bis zu Dusty Springfield. „