Die Heiterkeit
Stella Sommer (Gesang, Gitarre) und Rabea Erradi (Bass) von der Hamburger Popband Die Heiterkeit brillieren mit Detailwissen und bekennen sich zur guten, alten Noise-Rock-Schule und dem nie alternden Stephen Malkmus. Mit Elektro-Pop aus der Gegenwart kann man sie hingegen jagen. Diese Aussage hätte vermutlich auch die fehlende Dritte, Stefanie Hochmuth (Drums), unterzeichnet.
SONIC YOUTH – KOOL THING
Stella: (nach den ersten Tönen) Ich würde jetzt mal auf Sonic Youth tippen. Ja doch. Hört sich schon so an. Ist das nicht „Kool Thing“?
Yes!
Stella: Ich habe es nach ein paar Sekunden erkannt. Wie cool ist das denn?
Ihr mögt Sonic Youth sehr?
Stella: Ja, Daydream Nation gefällt mir am besten.
Rabea: Ich mag Dirty, ganz klassisch. Aber Goo eigentlich auch. Und NYC Ghosts And Flowers das gefällt irgendwie niemanden. Da stehe ich total alleine da.
Stella: Auf welchem Album ist noch mal „The Empty Page“ drauf? Das mag ich nämlich auch total gerne.
Rabea: Das ist auf Murray Street.
TOCOTRONIC – AUF DEM PFAD DER DÄMMERUNG
Stella: (wie aus der Pistole geschossen) Tocotronic.
Rabea: Die neue Single?
Tocotronic gibt es auch schon 20 Jahre.
Rabea: Wir hatten am 1. Januar unser Dreijähriges. 20 Jahre ist ein Klacks. (lacht)
Stella: Von den ganzen deutschen Bands eine der besten. Man muss sie auch allein für ihre Konsequenz gut finden. Dass sie es die ganze Zeit schaffen, sich immer wieder selbst eine Aufgabe zu stellen und darüber ein Album zu machen.
Gehört ihr eher zu alten oder neuen Toco-Fraktion?
Rabea: K.O.O.K. war der Gipfel für mich, das Allertollste. Danach bin ich dann irgendwie rausgekommen.
BRITTA – LICHTJAHRE VORAUS
Rabea: Das kennen wir auf jeden Fall auch.
Stella: Sind das die Wipers? Nee! (als der Gesang einsetzt, lachend) Dings, Christiane Rösinger mit Britta. Ich kenne überhaupt kein Album von der. Ich erkenne die immer nur an der Stimme.
Rabea: Wir finden die gut, aber die Vergleiche nerven. (lacht)
HAIM – FOREVER
(sagen lange nichts)
Rabea: Ich würde jetzt auf New Order tippen.
Das ist ganz aktuell.
Stella: Ah, dann sind wir raus.
Rabea: Die wollen New-Order-mäßig klingen.
Das sind Haim, sehr gehyped.
Stella: Den Namen habe ich schon mal gehört. Das ist eine typische Melt-Festival-Band, finde ich. Ja, kann man so durchwinken.
Rabea: Die sind komisch abgemischt.
LAING – MORGENS IMMER MÜDE
Stella: Ah, das ist hier … na … Die Braut Haut ins Auge, oder?
Nee.
Stella: Ich dachte immer, die hätte das gemacht. Wie heißt denn die andere?
Rabea: Diese komische Mia Dico?
Das sind Laing. Sie wurden damit Zweite beim „Bundesvision Song Contest“. Könnt ihr damit etwas anfangen?
Rabea: Nee, überhaupt nicht. Ich finde diese Stimme auch extrem aufdringlich. Das ist so das Gegenteil von uns.
PAVEMENT – SPIT ON A STRANGER
Stella: (nach einer Millisekunde) Pavement. Das ist einer meiner Lieblingssongs und einer der ersten von Pavement, die ich kannte. Ich habe mir total unvorbereitet Terror Twilight gekauft, und dann passierte es.
Rabea: Mein erster war „Shady Lane“.
Stella: Ganz tolle Band. Extrem attraktiver Sänger. Ich finde es witzig, dass Pavement ja immer auch als Dilettanten-Band galten. Malkmus kann ja extrem gut Gitarre spielen. Sie hatten nur keinen Bock, ihr Können zu zeigen.
DAVID BOWIE – WHERE ARE WE NOW?
Stella: Blumfeld? Nee, ich glaube, das ist nicht deutsch.
Rabea: Scott Walker?
Stella: (trommelt auf den Tisch) Das ist die neue Bowie-Single!
Rabea: Ich dachte mir, dass das kommt und ich es dann nicht erkenne. Ich habe es nämlich noch nicht gehört. Ich bin großer Fan von den frühen Sachen. Die tollste Platte ist die Ziggy Stardust, natürlich. Ja, und das jetzt? Ein typisches neues Bowie-Stück. Finde ich jetzt nicht soooo toll.
Stella: Hat mich auch nicht so vom Hocker gehauen.
ANDREAS DORAU – WARTEN
Stella: Andreas Dorau ist das, nicht?
Doch.
Rabea: Da klingt er nicht ganz so enervierend wie jetzt. Ich habe die eine Platte, wo auch „Fred vom Jupiter“ drauf ist. Das ist schon ganz fetzig.
Stella: Ich finde auch, dass er ein unglaublich guter Songschreiber ist. Und ein witziger Typ ist er, glaube ich, auch. Ich kenne ihn nicht, aber ich würde es vermuten. Die letzte Single war großartig: „Größenwahn, was hast Du uns angetan? Größenwahn kam pünktlich zwanzig nach acht, er hatte wie immer Ideen mitgebracht.“
Simone Deckner
Die Heiterkeit sind drei Minimalistinnen aus Hamburg. Der Sound: reduziert. Die Texte: von somnambuler Schärfe. Die Attitude: es gibt überhaupt eine und sie ist naturgemäß cool. Da kann der „nächstbeste Dandy“ sich mal gehackt legen. Wenn man ihr Debüt herz aus gold (2012) hört, fragt man sich, wieso sie nicht schon viel länger da sind.