Die Türen – Popo


Kein Geld, aber Disco (und Schlager, Swing, Elektro, Funk, No Wave): Die Türen haben einen Hit mitgebracht. Dir, dir und dir!

Popo ist ein politisches Statement, manche mögen sagen: Manifest. Ein bunter Strauß musikalischer Vielfältigkeit, vielleicht; gleichzeitig ein Witz. Ein Wahnwitz, der reine Wahnsinn, bissig, ironisch und bitter ernst gemeint. Man weiß, ganz linker, mitdenkender, gesellschafts- und systemkritischer Musikrezipient, zwar nie ganz genau, ob alles super ernst gemeint ist oder nicht, aber man kommt nicht umhin, von einer hochpolitischen Platte zu sprechen, wenn man beachtet, wie oft und wie die Themen Arbeit(slosigkeit) und Geld angesprochen werden. In zurückgelehnten Swing/Schlagerpopsongs (die sie zugunsten von elektronischeren Songs wieder aufgeben, bevor sie langweilig werden könnten) beziehen Die Türen Stellung gegen den Sozialabbau („Der Blues kommt zurück in die Stadt“), die Leistungsdruckgesellschaft („Pause machen geht nicht“) und ekelhafte Auswüchse typisch deutscher Spießigkeit („Die Welt wird mich von meiner spießigsten Seite kennenlernen“ und „Daddy Uncool“). Und endlich! – hat mit dem permanent vor sich hin hämmernden „Eier“ mal jemand den Song geschrieben, der den „Geilsten Lieder aller Zeiten“-Radiosendern zeigt, wo der Hammer hängt. Gewohnt großartig die Texte („In meinem Schinken, da schwimmt ein Ei / und setzt gezielt die Leistung frei“), gewohnt dreist und vielfältig die Zitate: Die Goldenen Zitronen, Huss, Kante, Wir sind Helden und die Türen selbst werden reproduziert – und Westernhagen und Grönemeyer. Und so ist Popo nicht nur wahnwitziges Popkulturprodukt, sondern auch Reaktion auf und Kritik am allgemein herrschenden Zeitgeist der deutschen Gesellschaft und Politik. Die größten Textzeilen aber findet man in „Indie Stadt“, dem letzten und besten Song. „Ich kaufte meine erste Luftgitarre mit 13“, heißt es da, und: „Ich werd mal ne ganz große Nummer werden: 1, 2, 3, 4.“

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