Dreck raus? Niemals!
The Kills machen neuerdings aus fachfremden Gründen Schlagzeilen. Der Intensität ihrer Musik schadet das nicht.
Leicht hatten es The Kills nie. Zwei klasse Garagenrock-Alben haben sie gemacht und mussten mit ansehen, wie alle bloß White Stripes wollten und sonst nichts. Aber Jamie Hince und Alison Mosshart können mit Gegenwind gut umgehen. „Ich bin eine Art Meister in Sachen Leben ohne Geld“, sagt Hince. „Ich habe ewig in besetzten Häusern gelebt, mich ständig irgendwie durchgeschlagen.“ Während der Aufnahmen zu ihrem dritten Album midnight boom waren Hince und Mosshart mal wieder kräftig im Minus. Trotzdem reisten sie kurz entschlossen nach Mexiko, der geistigen Sammlung wegen. Wessen Kreditkarte da wohl belastet wurde? Angeblich nicht die von Kate Moss, der neuen Herzdame von Hince. „Mit Kate ist es genauso wie mit einer Freundin, die kein Geld hat. Kate ist ein ganz normales Mädchen. Wir leben überhaupt nicht dekadent. Wir wollen Spaß haben. Dafür brauchen wir kein Geld.“ Britische Promijäger, die den zwei schon vor für Hince bislang sehr unytpischen teuren Restaurants und Hotels auflauerten, vermeiden da zwar Anderes. Aber Sorgen von wegen „Wer nicht leidet, macht keine intensive Musik“ muss man sich um die Kills wohl kaum machen. Jetzt gibt es ohnehin erst mal midnight boom, ein Album mit Ideen aus der Vor-Moss-Ära, mit dem Grundgefühl des Überlebenskampfes im Rücken. Die Platte klingt im Vergleich zum Vorgänger no wow voller und ungewöhnlich rhythmisch, fast tanzbar. Ursprünglich wollte die Band das Album in L.A. aufnehmen. Lange hielten sie es in Kalifornien aber nicht aus, weil dort alle nur mit „Strandspaziergängen, Yoga und makrobiotischem Essen“ beschäftigt seien, so Hince. Da kehrten er und Mosshart lieber ins Key-Club-Studio in der Nähe von Chicago zurück, wo schon no wow entstanden war. Dort fühlen sie sich am wohlsten – selbst wenn auch in solchen Städten das Ursprungsgefühl amerikanischer Rockmusik immer mehr verloren geht, was die Band im Song „What New York Used To Be“ thematisiert. „Was im Ansatz etwas Abgründiges an sich hat, wird zunehmend unter den Tisch gekehrt und ausradiert“, sagt Alison Mosshart. „In New York, einer Stadt, ander sich immer noch viele orientieren, kann man nirgends mehr rauchen, ohne Genehmigung tanzen oder sonst was tun, das mit Genuss und Lebensfreude zu tun hat. Ich will das nicht. Ich sage dieser Reinlichkeitsmanie und Gleichmacherei den Kampf an.“ Eine gesunde Einstellung. Der Rock scheint bei den Kills in guten Händen.
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