Eine Band geht in Flammen auf: Kanadas größte Pop-Band Stars lebt das Drama auch im Alltag


Der Überschwang, das Hingebungsvolle, das Spiel mit der Selbstaufgabe – all das war schon auf dem letzten Stars-Album überdeutlich präsent. „If there’s nothing left to bum, you have to set yourself on fire“ hieß es damals am Albumanfang, bevor sich „Your Ex-Lover Is Dead“ kathedralenartig in den Winterhimmel schraubte. Auf ihrer neuen Platte gehen die Kanadier noch weiter: In Our Bedroom After The War heißt sie – und diesmal brennt das ganze Schlafzimmer.

Der Krieg, der hier vorüber ist, ist gleichzeitig der innerhalb des Schlafzimmers und der andere in der Welt vor der Tür. Das Draußen und das Drinnen, die Liebe und das Leben – beides wird hier mit einer Hingabe abgefackelt, die nach allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Popmusik verlangt. Und sie werden alle eingesetzt. Der Gestus der Stars ist dabei der von Größen wie den Smiths, New Order und Prefab Sprout – aber Stars klingen immer nur nach sich selbst. Ja, wir sind tatsächlich sehr leidenschaftlich, das ist wohl der wesentliche Charakterzug aller Bandmitglieder“, bestätigt Sängerin Amy Millan, eine burschikose Frau, der man die liebliche Singstimme nicht unbedingt ansieht. Bassist Evan Cranley hängt neben ihr auf der Couch und lässt müde seinen Bart wachsen. Das mit der Leidenschaft sieht er aber prinzipiell genau so.

Amy Millan hingegen kann kaum still sitzen: „Ich will, dass dieses Absolute, das unsere Songs ausstrahlen, den Leuten das Gefühl gibt, dass sie alles versuchen können. Dass man keine Angst zu haben braucht. Vor nichts und niemandem! Jeder kann und soll seine eigene Revolution starten, zumindest sollte man glauben, dass alles möglich ist.“

Vom verführerischen Lodern im ersten Song „The Night Starts Here“ über das beherzte Pathos des hymnischen Hits „Take Me To The Riot“ bis hin zu „My Favorite Book“, einer federleichten Lounge-Nummer über die Freuden einer stabilen Beziehung In Our Bedroom After The War handelt in jedem Moment vom Überschwang. Mehr noch: Die ganze Band handelt davon. Amy Millan: „Wir nehmen unsere Musik wahnsinnig ernst, nur deshalb können wir Stars durchziehen. Was nicht heißt, dass wir uns nicht übereinander kaputtlachen.“ Und wie bitte schön sind die Damen und Herren Stars im viel beschworenen ganz alltäglichen Leben, wo sich derlei Großgestik ja nicht ständig durchziehen lässt? Amy Millan sieht da kein Problem: „Ich drehe im Alltag genauso durch. Zum Beispiel, wenn ich im Sommer im Gemüseladen wunderschönen Spargel sehe. Und ich bin am Boden zerstört, zerschmettert und deprimiert, wenn im Winter das Gemüse schrumpelt und ich mit dem letzten Mist kochen muss.“

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