Elvis Costello & The Imposters
Er kam, brüllte, rührte und machte Elvis-Tricks. Und am Ende wartete man gar aufs Jüngste Gericht.
Bereits im Foyer traf man den fachkundigen Costello-Anhang beim Fachsimpeln: Wird Elvis wieder aussehen wie ein frei praktizierender Orthopäde? Und wie heißen noch die beiden Typen, die außer ihm und Steve Nieve noch auf der Bühne stehen werden? Wird er „Man Out Of Time“ spielen, „Lip Service“, „Brilliant Mistake“, „Episode Of Blonde“ oder gar „New Lace Sleeves“? Nun, auf all diese Wünsche sollte zwar dann im Laufe des Abends keine Rücksicht genommen werden, aber besser als mit „Blue Chair“ hätte es dann doch auch nicht losgehen können: „Your turn to buy/And my turn to drink / Your turn to cry/And my turn to sink“ – Napoleon Dynamite war zurück, nur hatte er seine liebe Mühe, gegen die schlechte Akustik der kahlen Halle anzubrüllen. „Tear Off Your Own Head (Ifs A Doll Revolution)“ und „Radio Radio“ gingen noch im Soundbrei unter, erst ab „Country Darkness“, einem von zu vielen Songs vom aktuellen Album THE DELIVERY MAN, wurde das Ohr nicht mehr geschunden. Gab es magische Momente? Natürlich! Die Freude über „Kinder Murder“ vom unterschätzten BRUTAL-YOUTH-Album. Steve Nieves unnachahmliches Georgel zu „Blame It On Cain“. Vor allem aber: eine exzellente, nur auf Stimme und Gitarre konzentrierte Version von „When I Was Cruel No. 2“, die sich ganz unmerklich in den überreizten Reggae-Backbeat von „Watching The Detectives“ verwandelte. Weder die tendenziell wahnsinnige Ausdruckstänzerin an der Balustrade noch die beiden schlecht Rasierten, die die Unsitte kultivierten, sämtliche Texte mitzublöken, schienen diesen unglaublichen Elvis-Trick bemerkt zu haben. Man selbst hatte seinen Spaß, eingezwängt in leidlich bequeme Holzklappsitze. Zweimal kamen Costello und die Imposters für Zugaben zurück: „Pump It Up“, schnell durchgeprügelt, und die Crowdpleaser „Olivers Army“ und „(What’s So Funny’Bout] Peace, Love And Understanding“ hinterher. Doch dann dieser Schluß – das wundervolle „The Scarlet Tide‘ und ein „I Want You“, wie man es bestechender nie gehört hat: „I want to know the things you did that we do too/I want you/I want to hear he pleases you more than I do.“ Man war ehrlich gerührt, man zählte die Pärchen, die zu diesem Dokument rasender Eifersucht verliebt in den Sitzen schunkelten, man wartete auf das Jüngste Gericht. Ob er „Man Out Of Time“ gespielt hat? Nicht? Menno.
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