Konzertbericht

Team Scheisse und 24/7 Diva Heaven live: Safe-Space ohne Hand am Po


Ein Konzert ohne Cis-Männer: Wie ist ein Konzert, dass einen Safe-Space für Flintas schaffen will?

Im Cassiopeia am Donnerstag, 14. Dezember, versammelten sich Konzertbesucherinnen für die ausverkaufte Team-Scheisse– und 24/7-Diva-Heaven-Co-Headliner-Show. „Was gibt es Besseres als ein Konzert von 24/7 Diva Heaven und Team Scheisse? Ein Konzert von 24/7 Diva Heaven und Team Scheisse OHNE MACKER!“ So heißt es in der Ankündigung der Co-Headliner-Tour, die unter dem Namen „Flinta Winta“ läuft. Rein dürfen hier nur FLINTA-Personen: Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, Trans- und Agender-Personen.

„Berlin weiß wie‘s geht“

Der Abend wurde von Team Scheisse eingestimmt. „Normalerweise sage ich an der Stelle immer ‚Hey, Cis-Dudes, nehmt ein bisschen Rücksicht‘, das fällt jetzt ein bisschen weg. Trotzdem, lasst bitte eure T-Shirts an und grabscht niemanden an“, verkündete Sänger Timo Warkus und die Menge jubelte. Von Anfang an herrschte eine mitreißende Energie und ausgelassene Stimmung. „Wir können einfach weiter durch ballern, gar nicht viel zu sagen grade“, ließ Bassist Thomas Tegethoff die Anwesenden nach den ersten Songs wissen. Nach ungefähr 20 Minuten Konzert, stieg vorne die erste Person aus dem Publikum auf die Bühne, um über die Menge zu crowdsurfen. Die erste Surferin des Flinta Wintas kommentierte die Band mit: „Berlin weiß wie‘s geht“. Danach schien es, als wäre ein Bann gebrochen und immer wieder surften FLINTA über die Menge.

MUSIKEXPRESS beim Reeperbahn Festival: Team Scheisse, Tirzah & Circa Waves live

Irgendwann fingen Team Scheisse doch mit dem Reden an. Die Gruppe stellte ihre neue Gitarristin Lulu vor, die an diesem Abend erst zum zweiten Mal mit auf der Bühne stand. „Ich bin Mello 2.0“, sagte Lulu und spielte damit auf Mello Kanone an, die auch Gitarristin bei der Band ist. „Mello 2.0 klingt als wäre ich dein Upgrade“, sagte Lulu später im Set, woraufhin Mello entgegnete: „Bist du ja auch.“

Crowdsurfing ohne Ende

Für den Song „Ich dreh mich nochmal um“ forderte die Band Hilfe aus dem Publikum und holten Franzi auf die Bühne, die sie mit einer Blockflöte unterstützen sollte, wie es bei Team-Scheisse-Konzerten üblich ist. „Franzi, Franzi, Franzi!“, ruft die Menge. „Ich habe mir das so sehr gewünscht“, sagte sie und spielte leidenschaftlich Blockflöte, während das Publikum „Neuer Montag, Selbe Scheisse“ mitsang.

Das Publikum tanzte, sang ausgelassen mit und in dem vorderen Drittel des Raumes wurde sich in den Moshpit geworfen, während Team Scheisse „Disko“, „FA“, „Sternzeichen Schlagring“, „Rein ins Loch“ und „Karstadtdetektiv“ spielte. Bei dem Track „Frank“ ging es etwas ruhiger zu. Zur Zugabe gab es „Schmetterling“ zu hören, wobei das Publikum ein letztes mal alles rausließ und wahrscheinlich vier Crowd-Surferinnen direkt hintereinander über die Menge schweben ließ.

24/7 Diva Heaven: „Ja, sie wissen. Und wir wissen auch“

Nach einer kurzen Verschnaufpause für das Publikum starteten 24/7 Diva Heaven mit „Potface“ in ihren Auftritt. Die drei Frauen brachten Ausgelassenheit, Leidenschaft und Humor auf die Bühne. „Eigentlich sind Team Scheisse die großen Redner und Rednerinnen“, verkündete Katharina Ott-Alavi, Frontsängerin der Divas, „auch heute“. Und so zockten die Divas headbangend ihr Set mit viel Power durch. Ein paar Mal stimmte Frontsängerin Kat den Team-Scheisse-Song „Rein ins Loch“ an und das Publikum stieg im Chor mit ein.

Irgendwann begab sich die Frontsängerin ein paar Meter ins Publikum und bekam eine karierte Häckel-Mütze aufgesetzt, welche sie dann für einige Songs trug. „Tut mir leid, dass ich die vollschwitze jetzt.“ Mit schnellem Tempo ging es danach mit dem Track „Death To“ weiter. „Kein Schmarren, das Internet sagt die Wahrheit. Sie sind super“, bedankte die Punk-Band sich später bei Team Scheisse für die gemeinsame Tour. „Team Scheisse reden immer ein bisschen mehr als wir. Wir stehen hier in dieser Meute, gucken uns um und denken: ‚Ja, sie wissen. Und wir wissen auch.‘“ Der Abend wurde mit „Bitter Lollipop“, viel Lärm und Handküssen beendet.

Niemand hat die Absicht, ein Matriarchat zu errichten: Was Linus Volkmann über „Punk As F*ck“ und K.I.Z-Frauenkonzerte zu sagen hat

Wie es beim Flinta Winta aussah,  seht ihr hier:

Instagram Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Instagram
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Safe-Space durch und durch

Auf Instagram schieden sich die Geister über die Idee, Konzerte nur für FLINTA-Personen zu veranstalten. Während sich die Mehrheit freute, gab es auch Kommentare wie: „Ich feier euch hart, aber die Ausgrenzung die hier stattfindet, ist nicht cool.“ Von den Bands wurde der Gegenwind an dem Abend nicht kommentiert. Stattdessen feierten sei das Publikum und den geschaffenen Safe-Space. Safe-Space bedeutete nicht nur, sich ungehemmt in den Moshpit stürzen zu können, ohne die Angst Ellenbogen von 1,90m großen Männern auf die Nase zu bekommen. Oder beim Crowdsurfing eine unangenehme Hand am Po zu spüren. Was Safe-Space auch bedeutet, fiel mir in der Zeit zwischen den beiden Konzerten auf. Ohne unangenehme Blicke zu kassieren, konnte die Männer-Toilette benutzt werden – es waren ja schließlich keine Männer da. Später drehte sich eine Frau plötzlich um und fragte: „Hat jemand von euch einen Tampon dabei?“ Eine Frage, die meiner Erfahrung nach nicht so offen in die Runde gestellt wird, wenn Männer anwesend sind.

Was nach dem Abend offen bleibt: Was gibt es Besseres als ein Konzert von 24/7 Diva Heaven und Team Scheisse ohne Macker?