Francis Ford Coppola: Der Pate lebt
Er wollte die Filmwirtschaft umkrempeln und die Filmkunst erneuern. Eine zweite Fortsetzung zu seinem größten Erfolg aber wollte er auf keinen Fall drehen. Jetzt hat er's doch getan. Francis Coppola stellte in Rom "Der Pate III" fertig.
Das erste größere Problem tauchte auf, als kurz nach Drehbeginn eine der Haupttiarstellerinnen ausfiel. Winona Ryder, die Hollywood-Entdeckung des letzten Jahres, hatte gerade drei Filme hintereinander abgedreht. Kaum war sie in Rom und stand die ersten Drehtage für „Der Pate III“ vor der Kamera, erlitt die 18jährige einen Schwächeanfall. Kein Grund zur Besorgnis, lautete die offizielle Version. Bis sie wieder auf den Beinen ist, würde man eben Szenen „rund um ihre Figur herum drehen“. Daraus wurde nichts. Der Arzt schickte Ryder zurück nach Hause, und der Regisseur handelte: Francis Coppola ließ seine eigene Tochter Sofia einfliegen und besetzt sie für die Ryder-Rofie.
Coppola filmt nicht nur mit seiner Tochter Wie in den ersten Teilen brachte er seine Schwester Talia Shire und die Stars AI Pacino. Diane Keaton und Al Martino wieder ins Spiel. Coppolas Vater Carmine ist wie in Teil II für die Musik verantwortlich. In puncto Familiensinn steht der bärtige Patriarch der berüchtigten Corleone-Sippe in nichts nach. Und wie er den Film inszeniert, erinnert er selbst eher an den Godfather im Hintergrund, als an das geläufige Bild des Regisseurs. Von einem High Tech-Wohnwagen aus, abseits vom Set, gibt er seine Anweisungen über Lautsprecher. An Monitoren verfolgt er, was die Film-Kameras aufnehmen, vergleicht es mit dem Storyboard und erledigt gleich den Rohschnitt. Abends, nach Drehschluß, hat dann auch AI Pacino Zugang. Gemeinsam wird das Werk des Tages begutachtet.
„Der Pate“ (1971) und „Der Pate II“ (1974) spielten zusammen 700 Millionen Dollar in den Kinos ein. Fernseh- und Videoauswertung brachten weitere 100 Millionen Dollar. Beide Filme gehören heute zu den Klassikern, sie begründeten Coppolas Ruf als genialer Regisseur. Naheliegend, daß das produzierende Paramount-Studio scharf auf eine weitere Fortsetzung war. Die letzten 15 Jahre über gab es aber vor allem viele Gründe, warum „Der Pate III“ nicht entstehen würde.
Sylvester Stallone sollte vor Jahren der neue Pate werden und gleichzeitig die Regie übernehmen. Eddie Murphy rief persönlich Mario Puzo, den Autor der Romanvorlage und des Drehbuchs, an und bat um eine Rolle. Selbst Paramount-Chef Michael Eisner (inzwischen bei Walt Disney) setzte sich an die Schreibmaschine, um einen Entwurf für eine neue Story zu verfassen. Und Madonna absolvierte bereits Probeaufnahmen. Alles vergebens.
Was den dritten Teil letztlich doch ermöglichte, waren Schulden. Mit seinem ehrgeizigen Zoetrope-Studio in Hollywood und dem aufwendigen, aber erfolglosen Film „Von ganzem Herzen“ hafte sich Coppola tief ins Minus gestürzt. Seine jüngeren Filme wie „Tukker“ oder „Der steinerne Garten“ brachten ebenfalls nicht den erhofften Dollar-Regen. Nachdem er vor zwei Jahren sein Studio verkaufen mußte, kehrte Coppola Hollywood den Rücken und richtete sich in Roms Cinecitta ein. Mittlerweile aber bedrohte die alte Schuldenlast auch seine geliebten Weinberge im kalifornischen Napa Valley Ein neuer Pate mußte her und zwar einer, der Paramount mehr kosten sollte, als der erste Teil, wo Pacino und Keaton je 35.000 S erhielten, Marion Brando 55.000$ (plus Beteiligung) und Coppola 200.000$. 44 Millionen Dollar läßt sich Paramount den neuen 140-Minuten-Schinken kosten. 20 Millionen davon sind Gagen für die Stars und für Coppola, der diesmal auch am Einspielergebnis beteiligt ist.
Die Gagen unterscheiden sich – Coppola dürften die aktuellen Umstände aber an die Zeit vor dem ersten Paten erinnern. Damals klopfte der Gerichtsvollzieher an die Tür seines ersten Studios in San Francisco und versuchte, 500.000 S einzutreiben. Trotzdem war er nicht Feuer und Flamme für das Projekt. George Lucas mußte erst auf den 30jährigen einreden, es wenigstens um des Geldes willen zu tun. – „Seine besten Werke schuf Coppola aus Krisen heraus“, zitiert „Variety“. „Und wenn keine Krise da ist, dann schafft er sich eben eine.“