Für Hard-Fi sind Märchen wahr geworden, nun träumen sie von noch größeren Dingen – und bleiben ihrer kleinen Welt dennoch treu.


Ein spätsommerlicher Nachmittag; Sänger Richard Archer hat es sich bei zugezogenen Vorhängen auf dem Hotelbett bequem ge macht. Neben ihm hockt Ross Phillips, Gitarrist, und wie ein altes Ehepaar beantworten die beiden, bis zur Hüfte unter der Decke begraben, die Fragen der Journalisten, die sich auf der Bettkante abwechseln dürfen. Um Once Upon A Time In The West soll es gehen, das zweite Album des Quartetts, das durch sein Debüt aus der tristen Londoner Satellitensiedlung Staines hinausgespült wurde in die Charts, auf die großen Festivals, nach Amerika – und sogar an den Strand von MTV, das im Hotelzimmer ohne Ton auf dem Fernseher läuft.

„Keine Musikvideos mehr, nirgends „, knurrt Archer, tastet nach der Fernbedienung und findet sie nicht, also bleibt der Fernseher an. Stars Of CCTV war eine ironische Hommage an die bedrohliche Allgegenwart von Überwachungskameras („Closed Circuit Television“) in öden Innenstädten – und an die kleinen und kleinkriminellen Abenteuer, die von diesen anonymen Augen aufgezeichnet werden. Und jetzt sitzt Archer hier, ganz in Schwarz bis hin zu einem Hauch Kajal unter den schwarzen Augen, und bekomm t den Bildschirm nicht mehr aus: „Genau das ist einer der Gründe, warum ich nicht mehr nur über das leben in Staines schreibe , sagt er. „Es wäre falsch, so zu tun, als würden wir zu Hause nicht auf der Straße erkannt werden.“ Koss Phillips fügt lachend hinzu: „Er wird erkannt. Ich nicht!“

Der Titel des neuen Albums ist deshalb sehr treffend: für das Märchen, das Hard-Fi beispielsweise im Vorprogramm von Green Day in den USA erleben durften. Er ist aber auch eine Verbeugung vor Ennio Morricone, der den gleichnamigen Spaghetti-Western durch seinen Soundtrack geadelt und den Klang der Band entscheidend beeinflusst hat: „Etwas Episches, Fernweh, aber auch ein wenig Nostalgie“ will Archer ausgemacht haben, „und viel Hall, das hat was Heroisches“. Nun denke man sich zur elegischen Mundharmonika gezackte Gitarrenriffs à la Clash und federnde Offbeats wie von den Specials -und hat eine ungefähre Ahnung, wie Once Upon A Time In The West klingt und wovon es handelt. Vom Rauskommen beispielsweise, gerne groß.

Umso seltsamer – und größer – ist es, dass Hard-Fi alle Angebote ausgeschlagen haben, es diesmal richtig edel angehen zu lassen. In den Abbey-Road-Studios hätten sie produzieren können! „Zu teuer“, sagt Archer. „Man kann dort nicht einfach rumspinnen, ohne ständig auf die Uhr zu gucken und daran zu denken, was das jetzt alles kostet.“ Auch Rick Rubin rief an, um das Debüt der Band als „bahnbrechend“ zu loben und seinen Namen ins Spiel zu bringen. Hard-Fi jedoch bleiben lieber in Staines, halten es „real“ und „lo-fi“, in exakt demselben Loch aus grauem Waschbeton, in dem sie ihr Debüt geprobt haben: einer leer stehenden Taxizentrale. Allerdings wirkt so viel aufgeräumte Glaubwürdigkeit und unbedingte Unabhängigkeit fast zu perfekt, um echt zu sein – bis Richard Archer dann doch mal aus dem Bett hüpft und seine Füße zum Vorschein kommen. Sie stecken in grell schweinchenrosa Socken.

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