Guitar-Bass-Drums, adé!


Genau wie die CD ist nach 2008 bald wohl auch die Bandformation des klassischen englischen Indie-Rock- Quartetts dem vorläufigen Untergang geweiht. ME-Leser Josa Mania-Schlegel über futuristische Electro-Duos, Sideprojects und Afro-Pop.

Genau wie die CD ist nun auch bald die Bandformation des klassischen englischen Indie-Rock-Quartetts dem vorläufigen Untergang geweiht. Immer mehr futuristische Electro-Duos machen sich im LP-Regal breit, während vermeintlich harmlose Sideprojects von Künstlern bedeutender Bands munter weitere Meilensteine schmeißen, hinunter in die Rock- und Popgeschichte des (noch) Brennpunkts England. Wenn man sich schon allein anhört, wie unaufhaltsam sich das Genre des Milleniums „Afro-Pop“ im britischen Indie-Rock einen Namen macht oder brasilianische Rockbands Fans von Franz Ferdinand begeistern, muss wohl etwas in Bewegung sein.Und auch zweiköpfige Gruppen a la MGMT, Justice oder eben auch die Gameboy-Fetischisten von den Crystal Castles erobern mehr und mehr die Plattenspieler und Live-Stages, wo sonst nur Pete Doherty seine Gitarrensaiten vergewaltigen darf. Ein Hauch von Revolution liegt in der Luft, und gerade die genannten Crystal Castles um die „Worlds Coolest Person 2008″(NME) Alice Glass begeistern zur Stunde den aufrichtigen Bloc Party-Fan. Ihr Debut klingt nach eigener Aussage „like snakes fucking“ und vermischt so ziemlich alles, was wir in diesem Jahr schon in Sachen französischem „Bang-Bang-Disco“ um die Ohren geknallt bekommen haben. Nur kommt diese Gruppe aus Toronto – und tritt damit auch so ein bisschen in die Fussstapfen von Death From Above 1979, welche sie auch im ersten Song „Untrust Us“ zitieren. Höhepunkt der Platte ist wahrscheinlich „Air War“ – der war schon lange auf MySpace zu hören und verabreichte mit seinem toughen, aber zugleich verspielten Sound dem A&R- Manager wohl den letzten Tritt, endlich einen Vertrag für das Duo aufzusetzen.Karibik und Gefühle wiederum brachten uns 2008 vor allem Bands, wie Vampire Weekend und Foals, die das neue Trend- Genre „Afro-Pop“ in die Schlagzeilen der Musikzeitungen katapultierten. Die Platte LITTLE JOY, ein Projekt von Strokes-Drummer Fab Moretti, führt diese Mission nun fort. Und wenn dann Zeilen wie „I don’t find it funny anymore and so I won’t play the part I played before“ auch noch durch den unverkennbaren Strokes-Filter gezogen werden, darf man sicher sein, dass auch Anhänger der New Yorker Formation die Platte LITTLE JOY als eine Art zwischenzeitlichen Ersatz für das längst überfällige Album der Jungs um Julian Casablancas sehen dürfen.Mit Cansei de Ser Sexy, besser bekannt als CSS, ist die wohl erste richtig erfolgreiche Electro-Rock-Band Brasiliens geboren worden. Nach dem gefeierten Debut ist nun bei dem „schwierigen zweiten Album“ ein solides Werk, mit Art-Punk und Funk- Elementen enstanden. Teils dominieren schwere Gitarren-Riffs und Verzerrer, teils südamerikanische Elemente, wo catchy Drumkits ihren Einsatz finden. Interessant ist eben bei CSS auch, wie es ihnen immer wieder gelingt, ihren brasilianischen Charme mit britischer Härte zu verbinden. Und diesmal ist ihnen das noch besser gelungen – DONKEY macht Riesenschritte wenn es um den Einfluss lateinamerikanischer Elemente auf die englische Musikkultur geht.

Josa Mania-Schlegel – 19.12.2008