Gute Seiten, schlechte Zeiten


Wir haben sie (fast) alle gehabt! Vor ziemlich genau einem Jahr fing der ME an, monatlich einen Musikdownload-Shop unter die Lupe zu nehmen. Zeit für einen Zwischenbericht.

In den Pioniertagen des digitalen Musikvertriebs war die Lust auf legale, also kostenpflichtige Downloads bei den meisten Konsumenten noch stark gebremst. Hohe Preise von oftmals 1,79 Euro, komplizierte/beschränkte Bezahlmethoden und ein mäßiges Repertoire ließen die musikalischen Bits und Bytes nur spärlich durchs Internet tröpfeln – und damit alle Betreiber rote Zahlen schreiben. Erst das Erfolgsmodell von Apple, der iTunes Music Store, machte klar, dass man auch im virtuellen Plattenladen den Rubel rollen lassen kann. Kampfpreise von 99 Cent pro Titel und ein breites Repertoire von mehreren hunderttausend Songs überzeugten schließlich die letzten Skeptiker an ihren Internet-PCs und auch die schlechtgelaunte Musikbranche. Heute verkauft der Apple-Shop weltweit vier Millionen Songs in der Woche! Bei Preisen von unter einem Euro saugt man sich eben gerne mal die „Missing Links“ seiner Plattensammlung auf den Rechner oder kauft sich – wie leider so oft – den einzigen guten Song eines ganzen Albums. Und sogar für Independent-Hörer wird die Auswahl immer größer. Apple hat Beggars, Sanctuary Records und V2 im Boot; die OD2-Shops (Karstadt, MSN, Tiscali, MTV, Media Markt) greifen auf Repertoire von Domino. Indigo, Edel oder Yo Mama zurück; und Musicload gab kürzlich erfolgreiche Vertragsverhandlungen mit dem „Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen“ IVUT) sowie mit Four Music bekannt und kann jetzt sein Angebot im Indiebereich erheblich aufstocken. Jetzt könnten eigentlich alle glücklich sein. Doch ein wichtiger Kritikpunkt bleibt in der digitalen Musik-Shopping-Mall leider noch bestehen: Sowohl Apples iTunes als auch Sonys Connect Store binden die Musik-Kundschaft an ihr hauseigenes Dateiformat – und damit in gewisser (beabsichtigter) Weise auch an den hauseigenen Digital-Player. Die Kompatibilität bei anderen Anbietern, die meist auf das „Digital Rights Managemenf-geschützte WMA-Format setzen, lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Warum lade ich mir kostenpflichtig Musik runter, wenn ich sie nicht mal auf meinem frisch gekauften USB-Stick-MP3-Player abspielen kann!? Okay, jetzt aber genug lamentiert, faktisch hat sich das Geschäft mit Musikdownloads innerhalb eines Jahres weitgehend etabliert; und man muss kein Prophet sein, um die nächste Entwicklung in der Musiklandschaft vorherzusehen: So könnte beispielsweise die klassische CD-Maxi-Single längerfristig vom kommerziellen Musikdownload verdrängt werden. Damit scheint die Meinung einiger Börsenanalysten, dass die Download-Lust bis 2010 von derzeit ein bis zwei Prozent Anteil am Plattengeschäft auf bis zu 30 Prozent ansteigen wird, doch einigermaßen realistisch.