Hallelujah-Festival


Eigentlich sollte das Hallelujah-Fest eine Party werden, eine vorweihnachtliche Lustbarkeit mit Rahmenprogramm, ein ,Music Convoy-Schwoof mit Publikumsbeteiligung‘. Doch schließlich und endlich entpuppte sich das von dem Team Bangs’Treutel angenehm moderierte und von der Auswahl her erstaunlich anspruchsvolle Programm als üblicher TV-Marathon. Acht Stunden Beine in den Bauch stehen, teures Bier aus Plastikbechern, pappige Würstchen.

Und dann die Düsseldorfer mit ihrer Knautschlack-Coolness: Sie spielten Jahrmarkt der Eitelkeiten. Sehen und Gesehenwerden, knauserten mit Applaus und ließen jeden Ansatz von Stimmung Ansatz sein. Daß man trotz der Doppelbühne längere Pausen über sich ergehen lassen mußte, wird ebenso auf der Soll-Seite verbucht werden müssen. Um s vorweg zu nehmen: Ne Party war s nicht 1 Aber fangen wir vorne an – bei Belfegore. Kurz nach sieben begann das Hardcore-Tno des Düsseldorfer ex-Nichts-Gitarristen Meikel Claus mit seinem düster kryptischen Gruft-Rock. Solides Drumming von Charly Charles. Pump-Baß von Raoul Walton. Schweiß von Sanger und Gitarrist Claus.

Not bad. wurde ein Englander vielleicht sagen. Aber berauschend auch nicht. Noch am besten Wake Up With Sirens und das frühe „Night In Sodom“.

Der nächste Akteur au( dem Ablaufplan – für viele der heimliche Star des Abends – hieß Johnny Thunders. Der legendäre Profi-Junkie und Vollblut-Rock n Roller ist ein Donnerwetter von einem Gitarristen Seme Grobschnitt-Mischung aus Chuck Berry-Riffs. Jukebox-Lärm und satten Verspielern kam druckvoll über den Buhnenrand. Doch auch bei „Bad Vacation‘. „Born To Loose“ und „Chines Rock zeigte die Glaswand zwischen Publikum und Musikern nur haarfeine Risse Der Applaus pegelte sich bei höflich ein.

Dritter Programmpunkt‘ Pause mit anschließendem Contest sogenannter „Airbands“. Das waren in diesem Fall Schulklassen. Freunde und Bekannte, die zu Playback Kiss. Nena und die Beach Boys lippensynchron simulieren durften Mein Favorit: der Nena-Lookalike. Sollte die Echte mal mit Grippe darniederliegen, dieses Madchen könnte unser Fräulein-Wunder perfekt doublen, zumindest was das Gehopse angeht. Die Beac waren peinlich. Kiss habe ¿“‚ der Bierbar geschenkt AuchThe Fixx hatte man sich getrost schenken können. Selbst Fans dieser englischen Plastik-Pop-Band monierten den nervigen Trummersound und die Langeweiler-Posen von Cy Curnin & Co. Sie haben, um mit Drafi Deutscher zu sprechen, „das gewisse Nichts .

Der gute Billy Bragg dagegen machte als „one man show eine hervorragende Figur. Falls mich mein schon arg strapaziertes Gehör nicht vollkommen tauschte, konnte der ulkige Brite mit seinem Meine Gitarre und ich‘-Vortrag auch den Wettlauf um die Publikumsgunst für

sich entscheiden. Das Stimmungsbarometer stieg. In richtige heiße Regionen sollte es mit den Stranglers gehen, die erst in letzter Minute für die ausgefallene Dalbello eingesprungen waren Aber – Weh und Ach – die Würger wirkten lustlos. Selbst das zur Einstimmung von CBS-Pressesprecher Markus Linde vorgetragene Cover-Pamphlet änderte nichts an der Dürftigkeit der „auralen Skulpturen“. Die musikalische Meißel der men in black war stumpf: der Sound der schwarzen Männer, verstärkt noch durch drei Blaser, flach, das Zusammenspiel ließ viel zu wünschen übrig.

Selbst“.Reaches“. das zur allgemeinen Freude der unruhig scharrenden Stranglers-Fans ins neue Programm eingeschoben wurde, hob den Adrenahnspiegel nicht über normal.

Waren die Mauern Jerichos nicht schon zu biblischen Zeiten durch Posaunen in Schult und Asche gesunken, bei der folgenden Aktion -Motto“.Dicke Luft 1 – halte der Angriff bestimmt geklappt Die durch die Philipshalle marschierenden Blaskapellen zerfledderten jedenfalls Janis Joplins „Move Over“ dermaßen ungeniert, daß backstage das Licht ausfiel Erst bei .Electncrty . der mit Pyro-Feuerchen und Trockeneis veredelten Eroffnungsnummer von Nona Hendryx. ging hinten das Licht wieder an. Der 10-Song Set der ex-Labelle-Chanteuse u.a B-Boys . Take Me To The River . Keep It Confidential – wirkte trotz musikalischer und sangenscher Klasse merkwürdig deplaziert Zu glatt 1 Zu perfekt 1 Zu seelenlos 1 Nonas Animation bei I Sweat (mit Girl Dancers und freiwilligen Tänzern aus dem Publikum! paßte zu einem Kmder-Geburtslag. aber nicht zu der aufgeklarten Düsseldorfer Jeunesse Selbsl Bernie Worrell. der in der Funl-Mann-Band die Tasten druckte, konnte an dem lauen Gesamteindruck wenig andern.

Danach Pause. Pause und nochmal Pause Der Star des Abends seine Merkwurden Marc Almond ließ sich Zeit Schließlich – die Uhr zeigte (ruhen Morgen‘ – flog ein Engelein durchs Gefilde und zerplatzte mit lautem Getön – der Tuntenball konnte beginnen Almond ließ, wie sich das für echte Stars geziemt, zuerst seine Musici auf die Bretler In gebührendem Minutenabsland folgte er. GanzProli Marc Baby – schwarzes Glitzer-Jackelt über der Hühnerbrust. Bnllantine im Kurzhaar. Tunte durch und durch – leitete mit impenaler Gebärde seine Band iGilarre. Baß. zwei Keyboarder. Schlagzeug) durch einen langen und – wie ich bescheiden finde – langweiligen Sei. Die schwulen Klagelieder ubei weggelaufene Jungs und nicht vorhandene Liebe notigten einigen“.Spex‘ -Kritikern Superlative wie .genial“ ab. mir kam das eher vor wie Holiday On Thin lee oder dntlklassiges Las Vegas.

Stones Ol Johnny“, „Crime Sublime“. „Shack“, „Ugly Head“, „Love For Sale“ – der Marc Almond-Blues hatte keinen emotionalen Boden Bei aller sangerischen Finesse und Raflinesse. bei allem Showmanship. bei all der Kunst des hohen Tremoherens Marc und seine gewiß begabte Band waren so echt wie der Kunst schrie, der beschaulich auf uns darniederrieselte Das Fest war vorbei, meine Geduld auch.