Heiße Colts, staubige Stiefel: Die Brandos schießen ins Leere


BERLIN. Von den Spin Doctors bis Guns N’Roses, von den Black Crowes bis Lenny Kravitz — Traditionalismus ist in den USA auf dem Vormarsch. Noch halten die Modemisten tapfer dagegen, aber schon bald könnte der Damm brechen und die Charts mit Retro-Rockern jeglicher Couleur überschwemmen.

Innerhalb dieses „Früher-war-allesbessef‘-Spektrums besetzen die Brandos den Countryrock. Sie klingen ein wenig wie Creedence Clearwater Revival, tragen Cowboy-Jacken und lockere Tollen. Sie haben mit Dave Kincaid einen markanten Sänger und erfüllen den Kodex „handgemachter“ Musik, und das heißt vor allem: Sie geben sich solide und unspektakulär.

Ihr letztes Album“.Gunfire At Midnighf verkaufte sich in Deutschland überraschend gut, und so dachten sich die Tourveranstalter: Lassen wirs doch mal darauf ankommen und mieten eine große Halle.

Es war ein Schlag ins Wasser. Eine Handvoll beinharter Fans verlor sich im Metropol, die Akustik bewies schon bei der Vorgruppe, daß „Halle“ von „Hall“ kommt. Direkt vor der Bühne hatten sich einige typische Brandos-Fans aufgebaut: Cowboystiefel, Biergeformte Körper, Daumen nach 70er-Jahre-Art in den Jeans-Taschen. Jawohl, hier sind Männer noch Männer.

Und die Brandos? Sie nahmen tapfer den Kampf auf gegen die beiden Gespenster dieses Abends — die halbleere Halle und ihren Mixer. „Bist Du taub? Saaag mal, bist Du TAUB!!??“, brüllte der Marlboro Man vor mir immer wieder in Richtung Mischpult, und, bei meinem Colt, er hatte recht: Der auf Platte transparente Sound wurde live zur grauen Soundwolke, aus der man kaum die Stimme herausfiltern konnte.

So wurde aus dem „Gunfire“ eine wilde, unkoordinierte Schießerei. Die Brandos schruppten ihr Repertoire herunter, inklusive Hits wie „Anna Lee“ und „The Solution“, aber so ganz wohl schien ihnen angesichts der akustischen Verhältnisse auch nicht zu sein. Nur die ganz harten Cowboys vor der Bühne ließen sich ihren Spaß nicht nehmen und wippten mit. Schließlich kann einen richtigen Mann nichts aus den Stiefeln hauen.