her mit den kleinen Rebellen


Das Idol der Sechziger sucht seit seinem Tod jeden Jungdarsteller heim. Klischees wollen bedient werden, hübsche Aufrührer gibt es gerade mehr denn je. de mehr denn je. Doch spielen Brad Pitt und Kollegen da mit?

Hatte James Byron Dean gewußt, was er mit seinem Tod anrichten würde — vielleicht wäre er seinen Porsche etwas langsamer gefahren. Zu spät. Durch seinen Tod ist er in den Olymp der wahren Legenden der Popkultur eingetreten. Seitdem lebt eine weltweite Merchandising-Industrie ganz hervorragend von seinen Fotos. Gesten und Posen. Tausende, ach was, Hunderttausende nicht nur weiblicher Fans verehren ihn mit einer Hingabe, die fast schon an Nekrophilie grenzt. Und selbst ernsthafte Künstler stricken mächtig mit am Mythos: Man denke nur an Robert Altman und seinen ’82er Film „Komm zurück Jimmy Dean“ oder an Näsel-Barde Morrissey, der sich nicht entblödete, einen setner Video-Clips auf Deans Grab zu drehen. Man könnte fast meinen, daß der Mann noch lebt.

Von diesem Irrglauben konnte bisher auch manch anderer Knabe ordentlich zehren. Sicher, auch als der neue Brando oder die neue Monroe wird heutzutage jeder bezeichnet, „der länger alsfiir eine Tasse Kaffee im Geschäft bleibe (Mickey Rourke — und der muß es wissen). Doch die Namen der Möchtegern-, Neo- und Nachfolge-Deans, die uns in der Vergangenheit von Presse- und PR-Einfaltspinseln angeboten wurden, könnten locker diesen Artikel füllen. Für diese Parasiten reichte es zumeist, blond und blauäugig zu sein; manche von ihnen waren gar in der hohen Kunst des Wild-und-entschlossen-in-die-Gegend-Schauens nicht unbegabt.

„Gütiger Himmel, komm‘ mir nicht mit diesem verdammten Namen‘, seufzt Brad Pitt, als ich beim Interview in New York ungeschickterweise seine Einstellung zur „Original und Fälschung-Diskussion erfahren möchte. Dann fährt er fort: „Ich kann noch nicht mal sagen, daß ich seine Filme besonders mochte. Zugegeben, er hatte irgendwas. Aber es wäre absurd für mich, mich mit diesem Txp ¿

zu vergleichen oder ihn sogar zu idolisieren. Ich bin Brad Pitl — er war James Dean. So einfach ist das. Und von mir aus soll er in seiner Kiste verrotten.“ Das war deutlich.

Dennoch wird Brad Pitt den Schatten der toten Ikone so schnell nicht los werden. Der Grund dafür: Sein erster großer Kino-Auftritt in „Thelma & Louie“. Als cooler Cowboy und Gelegenheitsgauner J. D. legte er eine starverdächtige Performance hin. Talentiert, charmant, charismatisch, witzig — und sexy. „In dem Schauen seines Hintern kannst Du einen Cadillac parken“, meint Geena Davis im Film über ihren Co-Star. Das weibliche Geschlecht nickte heftig, die Herren der Schöpfung überprüften nach dem Film im Spiegel ihre Visagen und schwiegen betreten, die Presse hatte ihren James Dean der Neunziger“. Letzteres streichen wir, denn Pitt kann mehr. Und damit ist nicht sein 501-Spot gemeint (der mit dem gelackmeierten Gefängniswärter), sondern die Selbstsicherheit, sich in weiteren Filmen nicht auf gutem Aussehen auszuruhen. Eine regelrechte Pitt-Welle rollt auf uns zu. Zuerst der Kim Basinger-Streifen „Cool World“, in dem er einen linkischen Privatdetektiv mimt, der in einer bizarren Zeichentrickwelt gefangen ist. In der Independent-Produktion Johnny Suede“ kommt er dann als gleichnamiger Schmalzsänger (mit gigantischer Tolle) auf den Weg zum Ruhm. Außerdem folgen Hauptrollen in „A River Runs Through It“, dem neuen Film von Robert Redford, und neben seiner Freundin Juliette Lewis („Kap der Angst“) in „Forget Me Not“. Kein Zweifel: Pitt wird bald ein Star sein. Und wenn er seine Form hält, ist das eine Bereicherung für das Kino.

Damit reiht sich Pitt in einen exklusiven Club junger amerikanischer Darsteller ein, die man mit Recht als neue KinoRebellen etikettieren darf. Sie heißen Keanu Reeves, Johnny Depp, John Cusack, Wynona Ryder, River Phoenix, Robert Downey jr. oder Bridget Fonda, ein Nachwuchs, der es in sich hat. Mit Eltern der 68er Generation aufgewachsen, haben sie die Schnöseligkeit der Achtziger hinter sich gelassen und zeigen eine gesunde Einstellung zum Leben und zum Kino. Darum scheuen sie keine mutigen Karriereschritte, keine kontroversen Rollen und keine impertinenten Statements (im Gegensatz zu ihren direkten Vorfahren, dem „Brat Pack“, bestehend aus Schlaftabletten wie Rob Löwe, Emilio Estevez, Andrew McCarthy und Molly Ringwald).

Pitt hat diesen Sprung bereits geschafft, andere haben ihn vielleicht noch vor sich. Luke Perry etwa, der ruhende Pol aus der amerikanischen Erfolgsserie „Beverly Hills. 90210“. die seit Sommer auch bei RTL über den Bildschirm flimmert. Er hat demnächst in der Vampir-Farce „Buffy the Vampire Slayer“ unter Beweis zu stellen, ob er den Sprung in die Oberliga schafft. Sein Partner Jason Priestley hingegen scheint zu brav, bubihaft und zu sehr „Bravo“-Futter. um auf lange Sicht interessant zu bleiben. Weitere Kandidaten, auf die man ein Auge haben sollte, wären Jamie Walters aus der US-Serie „Young Riders“ und natürlich die „Twin Peaks“-Kontrahenten James Marshall und Dana Ashbrook. Man sieht: Die junge Generation lauert in den Startlöchern und hat alle Chancen, alte Hasen schnell zu überrunden. Nur eines könnte ihnen schaden: sie abwechselnd als „neuer James Dean“ zu titulieren. Aber lassen wir das