Hotlist 2014: Circa Waves


Rumpelrefrains treffen die Class of 2001: der Retro-Rock der Circa Waves.

Jeder gute Hype beginnt mit einer Behauptung. Der Hype der Circa Waves verdoppelt diese These gewissermaßen. Behauptung Nummer eins ist rasch nachprüfbar. Der Vierer hat eine ziemlich gute Hand für große Popsongs, erkennbar an der kürzlich erschienenen Debütsingle „Get Away / Good For Me“. Behauptung Nummer zwei ist eine ,die Hoffnung macht: „Mindestens ww20, 30 ebenso starke Nummern“, so sagen sie selbst, lägen bei den Liverpoolern auf Halde, Frontmann Keiran Shudall habe nach „Jahren in unerfolgreichen Bands“, was bei einem 26-Jährigen vermutlich die Norm ist, alle Tellerwäscherjobs an den Nagwl gehängt und konzentriere sich seit sechs Monaten ausschließlich aufs Songschreiben.

Klar ist: Bei solchen Sätzen muss man vorsichtig sein, gerade wenn sie aus Großbritannien kommen. Im Hause Gallagher etwa gehören sie seit jeher zur Selbstpromotionschoreografie, werden aber nur selten erfüllt. Circa Waves nimmt man derlei Großmäuligkeit aber ab. Vielleicht, weil Elton John erklärter Fan der Band ist und ein bisschen hilfreiche Netzwerkerei betrieb. Vielleicht aber auch, weil sie so herzerfrischend normal wirken. Wo die vergleichbaren Bands dieser Hotlist typentechnisch entweder Richtung Brooklyn-Hipster (Drowners), angedrogter Artschool-Expat (MT) oder Wiederkommer (Temples, Telegram) tendieren, hat man bei den Circa Waves eher den Eindruck, die Mitglieder hätten sich irgendwo zwischen Pub und der Haushaltswarenabteilung des örtlichen „Tesco“-Supermarkts kennengelernt. Das Video zu „Good For Me“ besteht aus verwackelten Camcorder-Aufnahmen, die unter anderem gemeinschaftliches Teetrinken in einer zweckmäßig eingerichteten Wohnküche, das Wiederaufrollen einer abgerollten Klopapierrolle und den Versuch, die geschlossene Beifahrertür eines Mercedes Sprinter zu öffnen, zeigen, was Situationen sind, die im Leben einer kontemporären, aber noch nicht sonderlich erfolgreichen Rockband aus Liverpool vermutlich häufiger sind als spontaner Geschlechtsverkehr mit Fans oder Drogenkonsum.

Ein gewisser Erfolg ist indes nicht von der Hand zu weisen: Die Band tourte vor Kurzem als Support von Two Door Cinema Club durch Großbritannien, der „Guardian“ lobte sie, leicht vergiftet, als „die nächsten Vaccines“, andere Medien zogen Vergleiche zu den frühen Strokes und den Libertines. The-Rock also. Nachhaltigkeitstechnisch nicht immer optimal. Shuddall sagt vielleicht auch deshalb, man habe sich weiterentwickelt. Die neuen Songs würden „eher in das Territorium von Arcade Fire“ eindringen. Das Debütalbum soll im Laufe des Jahres bei Transgressive Records erscheinen.