Icke rettet den Rock


Fussballer Thomas Häßler will ins Musikbusiness einsteigen - eine Plattenfirma besitzt er schon.

Der meint das tatsächlich ernst. MTM Music, eine klitzekleine Firma mitten im Herzen von München-Haidhausen mit dem Programmschwerpunkt Melodie Rock, soll dereinst Ickes Sprungbrett ins Musikbusiness werden.Einiges an Geld hat Thomas Häßler, 33-jähriger Ex-Weltmeister und Mittelfeldstar von 1860 München, schon in das Unternehmen gesteckt. Soweit es seine Zeit zulässt, hitft^der kleine Croße aus der Welt des Fußballs schon kräftig mit beim Aufbau des künftigen Musikkonzems. MTM-Geschäftsführer Mario Lehmann (47) grinst: „Icke kriegt von mir immer einen Stapel frisch herein gekommener Demos.“ Dann kurvt der blonde Fußballer mit seinem BMW M 5 durch die Stadt und checkt, was es Neues in Sachen Melodie Rock gibt. Dabei denkt er nicht in Kategorien wie Zielgruppe, Produkt oder Marketing – Icke hört sozusagen mit dem Bauch. „Ichsachma, dat is‘ doch klasse Musik. Ich mein‘, das kamman doch im Radio spielen. Ich sach ma, wo da doch so viel anderer Mist gespielt wird.“ Volkes Stimme. Und wer auf die hört, hat schon manche Mark verdient. Lehmann scheint das zu wissen. Und Icke nickt. „Wenn ich was Gutes entdeckt hab‘, sach ich Mario Bescheid.“ Fakt ist: Talentscout Häßler hat schon Acts entdeckt, die jetzt einen Plattenvertrag haben, etwa die schwedische Band Bad Habit.

Wie kam die seltsame Paarung – Fussballstar auf dereinen, Business-Profi Lehmann auf der anderen – zustande? Melodic-Rock-Freak Icke („Toto, Starship und so“) war mit der fachlichen Betreuung im Platlenladen seines Vertrauens vor einigen lahren nicht mehr zufrieden. Also besorgte er sich Lehmanns Telefonnummer in München. Der kümmerte sich als Vertriebsprofi um Nachschub in Sachen Cinderella, Europe, Poison und wie einschlägige Acts in jenen Tagen sonst noch hießen. Bei einem Auswärtsspiel von Häßlers altem Verein, dem Karlsruher SC, traf man sich 1996 in München zum ersten Mal. Es war der 17. Februar, die Bayern wurden mit 4:1 rasiert, und Icke gehörte gleich in zweierlei Beziehung zu den Gewinnern: Auf dem Rasen sowieso, und als Musikliebhaber ebenfalls, denn schon kurze Zeit später beschloss er mit Lehmann die Gründung einer eigenen Firma zur Rettung des Melodie Rock. Seit vier lahren gibt es MTM inzwischen, und vermeintlich in der Versenkung verschwundene Recken wie Musiker aus dem Boston-Umfeld, der Pat Benatar Band oder von Styx gehören ebenso zur Label-Familie wie Loverboy, Joe Lynn Turner, Chris Thompson oder Rick Springneld. Man kann sogar schon auf verkable Erfolge verweisen: So verbucht Dare, die Band des ehemaligen Thin Lizzy-Keyboarders Darren Wharton, für ihr Album „Calm BeforeThe Storm“ satte fünfstellige Verkäufe. Und das Steelhouse Lane-Debüt „Slaves Of The New World“ wurde vom britischen Fachblatt „Powerplay“ zum Album des lahres 1999 gekürt.

Ob es den wackeren Kämpfern in München-Haidhausen indes gelingen wird, den Melodie Rock aus den Dritt-Liga-Niederungen zurück in die schwindelnden Höhen der Charts Champions Ijeague zu führen, sei leise bezweifelt. Nicht jeder Musiker findet schließlich über den Kampf zum Spiel. Vielleicht brauchte die eine oder andere Band aus dem Genre dafür dann doch die führende Hand eines Trainers vom Format des Löwen-Bändigers Lorant. Hoffnung besteht durchaus, denn laut Häßler äußerte Werner „Beinhart“ neulich: „Entscheidend is‘ aufm Platz, aber manchmal hör‘ auch ich solche Musik.“ Co-Trainer Peter Pacult und Stürmer-Star Bernhard Winkler haben sich schon als MTM-Fans geoutet. Wenn die jetzt auch die Platten kaufen, ist ein Anfang gemacht.