Ist Gary Numan elektrisch?


Die Uber-Nacht-Sensation Englands betritt die Bühne des Hammersmith-Odeon in London: kaut er etwa noch Kaugummi? Gary Numan, der neue Superstar. Frenetischer Beifall. Seine erste Tournee war, ohne jede Plakatwerbung, bereits sechs Wochen vor Beginn ausverkauft. Seine neue LP und die Single „Cars“ sind beide Nummer 1 der Charts. Dabei hatte die Punkbewegung doch endgültig für das ‚Aus‘ der alten Superstars sorgen wollen. Heute sind die Punk-Mädchen, die Fans im Numan-Military-Look, die Hippies in ihren Gewändern und die Mods friedvoll vereint, ihren neuen Helden zu feiern. Ein Phänomen aus dem Nichts.

Ganz in Schwarz, das Blond seiner Haare ausgewaschen, mit kalkulierten Gesten, manchmal etwas unsicher, trotzdem aber kontrolliert, konfrontiert der Selfmade-Man die angetretenen Gläubigen mit einer kostspieligen, bombastischen Licht- und Soundorgie. Fünf Meter über dem Superstar thronen die Synthesizer-Spieler im Lichtgerüst, sie bilden die Grundlage für den Numan-Sound, eine clevere Mischung aus eingängigen eintönigen Harmonien. Numans kalte Stimme paßt sich dem monotonen Klanggebilde an. Kein Witz, keine Emotion, allenfalls ein knappes Lächeln kommt von der Bühne. Aber die Fans sind’s zufrieden. Beim letzten Stück springen sie von den Sitzen auf: zwei leuchtende Pyramiden kreiseln neben dem Bowie-Schüler. Ob die Vorbilder Bowie (für den musikalischen Teil) und Ultravox (für die 80er Jahre) ausreichen? Numan genießt den Beifall der Menge. Er ist erst 21, da kommt noch einiges. Vielleicht kann er seine Science-Fiction-Visionen dann mit Leben füllen. Clever ist er, aber ob es zum Genie reicht? PS: Seiner englischen Schallplattenfirma, ist Gary allerdings einiges wert. Für den Erfolg seiner Single „Cars“ schenkte sie ihrem Star einen weißen Corvette Stingray!