It was a very good year
… zumindest für die elektronische Musik.
Neulich bei einem Bekannten zu Gast gewesen. Gewohnheitsmäßig die Plattensammlung durchstöbert. Sagt er fast entschuldigend, dass er sich schon lange nichts Neues gekauft habe. Und überhaupt „habe ich das Gefühl, dass in diesem Jahr gar nicht so viel gute Musik herausgekommen ist“. Ich nicke kurz, weil mir meine Erziehung und mein Sternzeichen, das mir Harmoniesucht in den Charakter eingepflanzt hat, verbieten, Folgendes zu sagen: „Blödsinn. In diesem Jahr ist genauso viel gute Musik veröffentlicht worden wie im Jahr davor und vor zwei Jahren und vor zehn Jahren. Wenn du aber den Eindruck hast, es sei 2012 nicht so viel gute Musik herausgekommen, solltest du überprüfen, ob es an der Musik liegt, oder daran, dass du langsam müde wirst, die Anstrengung – ja, Anstrengung – auf dich zu nehmen, gute Musik zu finden, weil sich deine Interessen geändert haben. Ach ja, die Kinder. Du solltest dir eingestehen, dass du dich nicht mehr für Musik interessierst. Das hättest du vor fünf Jahren nicht von dir gedacht, oder? Aber es ist die Wahrheit. Du interessierst dich nicht mehr für Musik. Das macht dich beileibe nicht zu einem schlechten Menschen, aber zu einem anderen. So, und jetzt lass uns was trinken.“ Jedes Jahr um diese Zeit stehen wir vor der Aufgabe, die Liste unserer persönlichen Top-20-Alben zu erstellen, die in einen Topf geworfen und ausgewertet werden, damit am Ende die „50 Platten des Jahres“ herauskommen. Nach dem Studium der Akten stand meine erste kleine Vorauswahl fest, mit etwas mehr als 60 Alben, die 2012 erschienen sind, drei Viertel davon mit mehr oder weniger elektronischer Musik. Nicht in meine Top 5 haben es geschafft: Michael Mayer, Four Tet, Robert Hood, Flying Lotus, Actress, Anstam, Modeselektor, Christian Naujoks, Scuba, John Talabot, Clark, Jimmy Edgar, Peaking Lights, Shed, Cooly G, John Tejada, Holy Other, Lukid, Ricardo Villalobos und, und, und. 2012 – so schlecht und so gut wie jedes andere Musikjahr.