Jack Braucht All Diese Bands


Cooler als Asia, jünger als die Traveling Wilburys, härter als Creamjack White nimmt sich The-Kills-Sängerin Alison Mosshart, Dean Fertita (Queens Of The Stone Age) und Jack Lawrence (The Raconteurs), um was zu formen? Eine Supergroup: The Dead Weather. Was an der so super ist? Erklären Alison und Jack im Gespräch.

Asia? Traveling Wilburys? Cream? Ja ja, das ist lange her. Aber es gibt sie auch heute noch: Supergroups. Audioslave zum Beispiel ist bzw. war eine, A Perfect Circle auch, Dämon Albarns The Good, The Bad & The Queen. Doch zu Supergroups gehören mindestens zwei, besser drei Rockstars, und die wachsen seit dem großen Rockjahrzehnt 70er-Jahre aus verschiedenen Gründen nicht mehr eben in Stauden nach. Jack White, 33, allerdings ist ein Rockstar. Seit „Seven Nation Army“ ohne jeden Zweifel. Und dem James-Bond-Song „Another Way To Die“ mit Alicia Keys sowieso. Dieser Jack White hat so viel Kohle im Tender, dass er immer nur weiter bluesrocken muss. Also gründet er neben seiner Hausband The White Stripes mit anderen Musikern andere Bands. Und da bei der einen, The Raconteurs, der verdiente Songwriter, Powerpopper und Rockmusiker Brendan Benson mitwirkt und bei der neuen Band The Dead Weather Indiedarling Alison Mosshart, nennt man diese beiden Bands Supergroup. Das reicht dann schon. Einfach weil: Schließlich ist Jack White dabei! Der sich allerdings bei The Dead Weather eher zurückhält. Die meisten Songs auf dem Albumdebüt HOREHOUND z. B. hat Alison geschrieben bzw. co-geschrieben. Und nicht nur das.

Alison, war es eine bewusste Entscheidung, dass du so viel auf dem Album singst und Jack so wenig?

Alison Mosshart: Na ja, ich kann nicht besonders gut Gitarre spielen, und da ich neben dem Schreiben fast aller Texte für das Album auch etwas zu tun haben musste, habe ich eben gesungen. The Dead Weather waren ja nicht von – langer Hand geplant: Ich bin gegen Ende der The-Kills-US-Tour mit den Raconteurs einfach in deren Tourbus gelandet. Jack und ich hatten beide fast keine Stimme mehr und dachten: Das wäre doch ein guter Zeitpunkt, um eine 7-Inch aufzunehmen (lacht). Wir haben dann in Jacks fantastischem Analog-Studio in Nashville einfach drauflosgespielt; später hat er mich noch einmal eingeladen, und wir haben die Songs eingespielt, in guten zwei Wochen. Jack ist einer meiner Lieblingssänger, diese Chance durfte ich mir nicht entgehen lassen. Ich habe gelesen, dass sich die ganze Band während der Aufnahmen die Zeit an einem Schießstand vertrieben hat. Wie kam es dazu? Würdet ihr Schießen gegen Langeweile empfehlen?

Ahson: Absolut. Ich rede schon seit Jahren vom Schießen, aber ich habe nie die Chance bekommen, es zu tun. Ein Studiotechniker hatte eine gute Freundin, die eine Menge Knarren besitzt und eigentlich den ganzen Tag rumballert. Und dieser andere Typ hatte ein Maschinengewehr und hat mich damit schießen lassen, das war der Wahnsinn. Ich habe gelernt, wie man ein Jagdgewehr benutzt, wie man die Dinger lädt und eine gewisse Macht über sie erlangt.

Es kann offenbar nie verkehrt sein, zu wissen, wie man eine Schusswaffe richtig bedient.

Alison: Genau. Und gegen Ende der Aufnahmen waren wir so gut, dass wir eine Menge Platten als Zielscheibe benutzt und zerschossen haben. Was gerade so rumlag, zuerst Alben, dann Singles. Jack White: Wir waren aber auch im Zirkus. Es gab den Schießstand-Tag und den Zirkus-Tag.

Jack, kannst du den Vorwurf verstehen, dass du „zu viele“ Bands hast, wo du doch eigentlich jede Art von Musik, auf die du gerade Lust hast, auch mit den White Stripes machen könntest? Von wegen: Man hört doch ohnehin sofort, dass das Jack White ist, der da Musik macht.

Jack: Also zuerst einmal bin ich froh, dass die Leute meinen Stil erkennen und wertschätzen. Gerade in der heutigen Zeit, wo jeder schon alles gemacht hat, ist das ein großes Kompliment. Über The Dead Weather wird geschrieben, sie klängen wie Led Zeppelin. Aber das wurde auch über meine anderen Bands gesagt. Es ist wohl kaum möglich, dass die White Stripes, die Raconteurs und Dead Weather alle klingen wie Led Zeppelin! Klar, ich könnte da rausgehen, mir ein paar noch prominentere Typen nehmen und eine Band gründen, die die White Stripes in den Boden stampft und ohne Ende Kohle scheffelt. Aber das ist einfach nicht das, was mich befriedigen würde. Ich brauche all diese Bands. So ist das. Alison: Weißt du was? Ich glaube nicht, dass es aktuell einen Musiker gibt, der so funktioniert und arbeitet wie Jack. Jack denkt nicht: Mist, soll ich diese oder jene Idee jetzt für die Raconteurs verwenden oder doch lieber für die White Stripes aufsparen? Jack ist den ganzen Tag über elektrisiert, und wenn er etwas im Kopf hat, muss er es sofort umsetzen. Er ist 24 Stunden lang enthusiastisch, und seine Bands machen vielleicht gerade mal 15 Prozent von dem aus, was er tut. Er verschwendet keinen Gedanken daran, was andere Leute von seiner Musik halten könnten. Er hat einfach einen Mordsspaß. Er ruht sich nie aus, und natürlich schläft er auch kaum.

Nimmt er Nahrung zu sich?

Alison: Das schon. Am Ende des Tages ist er ja auch nur ein Mensch.

Aber vier, fünf Stunden Schlaf pro Nacht schaffst du schon, oder, Jack?

Jack: Nur selten. Wenn man Kinder hat, hört man einfach auf zu schlafen und … Mann, ich glaube, ich muss auch gleich wieder an die Arbeit!

(lacht schallend) Schlagzeug gespielt hast du auf HOREHOUND nebenbei auch noch …

lack: Ja, bisher war der Bond-Song das einzige Lied, wo ich auch als Drummer zu hören bin. Ich habe meine ganze Kindheit hindurch Schlagzeug gespielt, mit der Gitarre habe ich erst später angefangen.

In deinem 8-Track-Analog-Studio sind keine Computer erlaubt. Wie schwer fällt es dir, gerade auch als bekennender Vinyl-Fan, zu glauben, dass mittlerweile so viele Leute deine Musik auf Rechner oder iPod hören, und wie sehr betrifft dich die Krise der Musikindustrie? Jack: Als Musiker und Songschreiber wünschte ich mir, ich wäre in einer anderen Zeit geboren und nicht in der, in der wir heute leben. Das ist einfach nichts für mich. Aber trotzdem bewegt sich was: Gestern war eine unglaublich lange Schlange vor dem Third-Man-Records-Shop (der Laden zu Whites gleichnamigem Label in Nashville – Anm. d. Red.) – alles Leute, die Vinyl kaufen wollten. Es könnte also schlimmer sein. Aber wenn ich mir z. B. MySpace angucke, habe ich das Gefühl, dass die Leute sich überhaupt nicht mehr für Musik interessieren, die sie nicht…

… anklicken oder herunterladen können?

Jack: … die sie nicht anklicken und sofort auf der Stelle hören oder besitzen können, ja. Warum ist die Musikszene in der Krise? Weil sie mit zu viel anderem Kram konkurrieren muss. Warum sollte ein weiter auf Seile 12

Jugendlicher, der acht Stunden am Stück ein Videospiel am Computer zocken kann, in dem er sich wie in einem Film fühlt, das Ding ausmachen, um in einen Plattenladen zu gehen und ein Album zu kaufen? Ich kann ihnen nicht böse sein dafür. Aber es ist traurig. Sehr traurig.

Alison: Jack ist doch das beste Beispiel dafür, wie man es heutzutage am besten macht: Unabhängigkeit, ein eigenes Studio, eine eigene Adresse. Kein „Moment mal, ihr könnt das Album jetzt nicht rausbringen, wir brauchen drei Monate Vorlauf für die Presse!“ oder so. Jack hat alle Wege verkürzt: Wir können hier aufnehmen, wir können die Fotos hier machen, das Artwork, alles. Wir könnten eine Platte in einer Woche fertig haben, mit allem Drum und Dran. So schlecht es der Musikindustrie auch gehen mag, sie muss sich damit abfinden, dass sich die Dinge heute viel schneller drehen. Es ist eine Chance.

Was ist eigentlich mit Meg? Wartet sie jetzt einfach zu Hause, bis du mit deinen anderen Bands durch bist?

Jack: Ja, aber Meg hat ja auch gerade geheiratet, ist also ziemlich beschäftigt im Moment. Wir waren schon wieder für ein paar Songs im Studio, vielleicht kommen wir auf die gegen Ende des Jahres zurück.

Und was hat es mit diesem Projekt Mildred And The Mice auf sich? Sind das du und deine Ehefrau?

Jack: (geheimnisvoll) Yeah, das ist ganz schön verrückt, was?

Deshalb frage ich.

Jack: Du, ich kann’s dir auch nicht so genau sagen. Diese Mildred, die ist… einfach so in mein Studio gewandert und alles, an was ich denken konnte, war nur: Nimm was mit ihr auf! Vielleicht hat Satan sie geschickt. Wir hoffen alle, dass sie noch einmal zurückkommt.