James Brown
Fast schien es, als gehöre das Publikum mit zur Band: Kaum daß James Browns Zeremonienmeister (ein Musiker aus seiner Band) den Abend in bester Las Vegas-Rummelplatz-Manier eröffnete, die kommenden Attraktionen mit vollmundiger Lässigkeit und großer Geste ankündigte, da brodelte das altersmäßig höchst gemixte Auditorium schon an die Rampe, daß es den armen Ordnern mulmig wurde.
Aber wen soll’s wundern: James Brown, nach kurzem Vorspiel seiner Band bald leibhaftig on stage, macht halt alles andere als Stillsitz-Musik. Mit „Living In America“ schoß er gleich zu Anfang seinen bisher einzigen „richtigen“ Hit ab, als wolle er ihn los sein. Gut gemacht, denn alles, was danach kam, war besser. Seiner Band ließ der nun auch schon in die Jahre vokale Unterstützung von einer blonden Braunen gekommene Ur-Vater des Funk ’n Soul breiten Raum, trat häufig zurück, ließ der hochgezüchteten Rhythmus-Maschine freien Lauf und verschnaufte. Die halsbrecherischen, wilden Tanzeinlagen fehlen natürlich, aber wer will’s ihm ankreiden. Wenn wir alle in dem Alter noch so gut Fuß sind, können wir unserem Schöpfer auf Knien danken.
Bei Stimme ist James Brown auf jeden Fall noch, und trotz aller erkennbarer US-Show-Routine kriegt er doch jeden Kiekser, jeden Schrei, jede Note so hin, wie er sie haben will. Häufig stand ihm eine ebenfalls stimmgewaltige schwarze Blondine zur Seite, an deren voluminösen Organ sich der Meister stets noch steigern konnte.
Alle kamen zum Zug: Seine Bläser, speziell die beiden Saxophonisten, glänzten mit zwar zirzensischen, doch mitreißenden Soli, ließen keine Gelegenheit zum „Fetzen“ aus, rasten die Tonleitern rauf und runter, die Percussionisten, drei an der Zahl, boten solides Handwerk, der Baß bummerte gezielte Tiefschläge, die Gitarre schoß zuckende Staccato-Akkorde in die Lücken des dichten Klang-Teppichs.
Bei diesem Tempo, dieser cool zelebrierten Hitze wurden die wohl dosiert eingesetzten Balladen dann auch dankbar aufgenommen: Luftholen zum nächsten Abheben. Das alles ist fern davon, etwa neu und revolutionär zu sein, aber jeder im Saal konnte das Gefühl körpernah spüren, daß hier Live-Musik gebracht wurde, etwas passierte, etwas geschaffen wurde, und nicht nur Knöpfe in der richtigen Reihenfolge bedient. Die Perfektion, das Show-Business dabei wirkt eher stimulierend als abtörnend. zumal sich „reine“ Show-Elemente wie Licht oder andere Effekte eher sparsam ausnahmen und meist recht bescheiden wirkten.
Ein Abend voller angenehmen Entertainments, das ohne die störenden Stuhlreihen (und mit einem etwas besseren Sound) sicher noch mehr Spaß gemacht hätte. Aber auch so war’s eine nette Lektion in Sachen Soul.