Jenseits von Wichita


Inoffizielle Universalhymne: Wie "Seven Nation Army" von den White Stripes durch den Seiteneingang in die Fußballstadien der Welt kam.

DETROIT/WICHITA/WIEN -Viele waren angetreten: Enrique Iglesias, Christina Stürmer, Rainhard Fendrich, Revolverheld, Pocher: Alle wollten den EM-Hit 2008 hinlegen, ordentlich Kohle einsacken und in die Fußstapfen der Sportfreunde Stiller treten. Und dann war es eigentlich nur ein einziger Song, der von der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz in Erinnerung blieb. Einer, den man hier nicht erwartet hätte: „Seven Nation Army“ von den White Stripes, ganze fünf Jahre alt, vom hochgepriesenen Album elephant und trotz gewonnenen Grammys für den besten Rocksong doch hauptsächlich ofindiefame. „Seven Nation Army“ war die Hymne der EM. Das prägnante Riff schallte aus den Fankehlen im Stadion und in der Fußgängerzone ebenso wie aus den Stadionlautsprechern und ist mittlerweile in fast allen Stadien Europas ein gern eingespielter und mitgesungener Chant.

Seinen Eroberungszug durch die Fußballarenen hatte der Song schon lange vor der EM gestartet: Zuerst waren es ein paar offenbar Indie-affine Fans des belgischen Clubs FC Brügge, die das „Da-da-dada-da-daaaaa-daaaa“-Riff bei Spielen ihres Vereins anstimmten. Und zwar schon 2003, als der Song neu und ein Clubhit war. Fans von Rapid Wien und AS Rom übernahmen die extrem eingängige und grölbare Melodie, als sie gegen Brügge in der Champions League spielten und sangen sie künftig auch bei eigenen Spielen. Besonders den Italienern hatte es das Riff angetan; sie waren es, die es auch während der WM 2006 anstimmten, wodurch es zur heimlichen WM-Themenmelodie der Italiener wurde. „Das hörte sich fantastisch an, die Fans drehten komplett durch“, wird Francesco Totti zitiert. Nach dem gewonnenen WM-Endspiel sangen Millionen Fans im ganzen Land die Weise aus dem fernen Detroit – die meisten ohne blassen Dunst, wer dafür verantwortlich ist 2008 war das Riff dann endgültig im Volksmund angekommen, abgesungen bei der EM, wo es als Auflaufmelodie eingespielt wurde, bei Bundesligaspielen, als launiger Fangesang bei Festivals und, klar auf dem Oktoberfest. Der unfreiwillige Hymnenschöpfer Jack White findet’s dufte: „Nichts ist schöner, als wenn Menschen eine Melodie umarmen und es ihr erlauben, ins Pantheon der Volksmusik einzuziehen.“