John Paul Jones: Der dritte Mann
N ach dem Tod von John Bonham und dem darauf folgenden Ende der Heavy Rock-Legende wurde es still um den Bassisten. John Baldwin, so sein bürgerlicher Name, zog sich zurück und privatisierte.“Ich konzentrierte mich ganz auf meine Familie, die ja in all den Jahren zuvor nicht viel von mir gehabt hatte. Daneben gab ich Musikunterricht und komponierte klassische Musik mit Hilfe eines Computers.“ Inzwischen hat sich der 48jährige einen exzellenten Ruf als Produzent und Arrangeur gemacht.So wirkte er erst kürzlich als Bassist und Produzent an Diamanda Galas‘ The Sporting Life‘ mit, betreute ein akustisches Live-Album von Heart, saß für die Butthole Surfers und The Mission an Reglern und Knöpfen und zupfte hie und da den Bass an der Seite von Leuten wie Peter Gabriel, Brian Eno oder Lenny Kravitz, um nur einige Namen zu nennen. Von den unzähligen Anfragen und Angeboten, die ihm tagtäglich ins Haus flattern, lehnt er, nach eigenen Angaben, „98 Prozent ab“. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit R.E.M.? „Sie schickten mir Bänder mit vier Songs für ‚Automatic For The People‘. Michael Stipe hatte handschriftliche Notizen beigelegt, wie das ganze klingen sollte. Ich schrieb die Streicher-Arrangements und flog nach Atlanta. Dort probte ich mit dreißig Mitgliedern des Altanta Sinfonie Orchesters. Die eigentlichen Aufnahmen spielten wir dann innerhalb eines Tages ein. Das machte mir riesigen Spaß. So kann ich das Leben richtig genießen, ohne den Streß einer Tour und ohne die ständigen Nervereien mit Plattenfirmen, die sich immer wieder in alles einmischen. Darauf kann ich gut verzichten, schließlich spielte ich ich mal in der besten Band der Welt!“ Von den neuerlichen Ambitionen seiner alten Kollegen Jimmy Page & Robert Plant erfuhr Jones aus der Zeitung, wie er klagt: „Die haben’s nicht mal für nötig gehalten, mich anzurufen und mir mitzuteilen, daß sie wieder etwas gemeinsam machen wollen. Wären sie auf die Idee gekommen, mich dabei haben zu wollen, hätte ich ihnen aber sagen müssen: ‚Großartig, schickt mir ein Ticket, wenn ihr auftretet.'“ Statt seiner bedient nun der Schwiegersohn von Robert Plant, Charlie Jones, den Bass. ‚No Quarter‘, so der offizielle Titel der CD, ist eigentlich ein alter Led Zep-Song, der seine Entstehung zu einem nicht unwesentlichen Anteil John Paul Jones verdankt. „Ich verstehe sie nicht und habe auch immer weniger Lust, es zu versuchen“, schüttelt der ehemals dritte Mann im Bunde den Kopf. „Ich wünsche ihnen jedenfalls viel Glück.“ durch. Von der rein künstlerischen Seite betrachtet, hält John Paul Jones wenig von dem neuen Projekt: „Arabische oder keltische Musik haben wir auch früher schon im Programm gehabt. Das ist weiß Gott nichts Neues. Nur früher spielte ich solche Sachen allein, während sie heute ein ganzes ägyptisches Orchester auffahren.“ Das Thema Led Zeppelin ist passe, „Fragen danach sind mir nur noch peinlich“. Ihn beschäftigt vor allem ein Gedanke: ein Solo-Album einzuspielen. „Doch immer, wenn ich daran sitze, kommt irgendein interessantes Projekt dazwischen.“