K.D. Lang
Hamburg, Thalia Theater
Daß die Dame überhaupt auf einer deutschen Bühne stand, hat zunächst einmal handfeste wirtschaftliche Interessen: Die Country-Hochburg Nashville hat sich zum Ziel gesetzt, ihre „New Country“-Generation verstärkt nach Europa zu exportieren. Diverse Plattenfirmen schlossen sich zu diesem Zwecke zusammen, um vom Stützpunkt London aus die frohe Botschaft auf den Kontinent zu tragen. Kanadas (Country-) Hoffnung K. D. Lang spielte den Vorboten. Daß für ihren (einzigen) Deutschland-Auftritt nur das Hamburger Thalia Theater gefunden werden konnte, erwies sich indes als eher irritierend. Es kann nur für K.D. und ihre famose Band The Redines sprechen, daß dieser bildungsbürgerlichsteife, leicht unwirkliche Rahmen, den sie irgendwann, als zwischen zwei Songs mal wieder die berühmie Stecknadel hörbar gewesen wäre, mit einem frozzelnden „This is no church“ kommentiert -— daß dieser Un-Ort spätestens nach einigen Nummern völlig in den Hintergrund trat.
In Ermangelung eines Besseren wurde K. D. mit dem Country-Etikett versehen -— ein Korsett, das sie spielend abstreift. Gerade als Sängerin ist sie über lästige Genre-Grenzen erhaben: Ihre Balladen haben Wärme, Tiefe und Kraft, neigen in der Tragik zu leicht ironischen Anflügen, ohne dabei die Essenz des Songs zu verraten oder der Lächerlichkeit preiszugeben.
Kehrt K. D. die flatterhafte Hillbilly-Heulboje raus, findet sie immer die richtige Mischung zwischen Rotzigkeit, Charme und Humor. Den und ihre beachtlichen Qualitäten als Entertainerin spielt sie auch zwischen den Songs aus, etwa wenn sie auf dem Bühnenrand sitzend unter Publikumsbeteiligung die Frage erörtert, ob ihre Bein-Haare nicht mal wieder eine kleine Rasur vertragen könnten…
Höchste Zeit, ein paar Worte über die Reclines zu verlieren. Aus einem Guß klingt ja immer wie ein billiges Schlagort, aber hier paßte es wirklich mal. Und was die alles buchstäblich aus dem Handgelenk schütteln können! Western-Swing, Blues, puren Country-Stoff — alles so verinnerlicht, daß sogar noch Platz für ihre komischen Talente blieb.
Ihrem erklärten Idol Patsy Cline huldigte K. D. ausführlichst: „Three Cigarettes In An Ashtray“ zelebrierte sie halbtrunken an einem Tisch sitzend, außerdem gab’s noch „Walking After Midnight“ und in der Zugabe ein mitreißendes „In Care Of The Blues“.
Fazit: K. D. darf, nein soll und muß sogar wiederkommen. Aber nächstes Mal dann doch vielleicht lieber in die Markthalle oder Große Freiheit…