Kinder des Zorns
Die Maisfelder wogen wie ein Meer aus bedrohlichen Wesen. Die Maiskolben verdorren. Sie dursten - nach menschlichem Blut. In Gatlin, einem verlorenen Nest im Mittleren Westen der USA, übernehmen es die Kinder, die Felder zu bestellen mit dem Blut der Erwachsenen. Eine bizarre Jugendsekte ist im Entstehen.
Die gruselige Geschichte nicht ohne Realitätsbezug, wenn man an die absonderlichen Jugendbewegungen der jüngeren Zeit denkt, entstammt der Phantasie des Erfolgsautors Stephen King. Noch spukt „Christine“, das unheimliche Auto mit der mörderischen Seele, durch die Kinos: gerade übt in „Dead Zone“ ein junger Mann namens Johnny Smith seine visionären Kräfte. da steht schon der nächste King-Thriller ins Haus. Nach Filmen wie „Carrie“ oder „Shining“ ist „Kinder des Zorns“ bereits der neunte King-Film in sieben Jahren.
Der Meister selbst zur Absicht seiner Alptraumvisionen: „Die Leute, die ihre Augen vor dem Schrecken verschließen, sind die gleichen, die auch dann nicht an den Schrecken denken wollen, wenn sie auf den Straßen mit hoher Geschwindigkeit rasen Das sind Menschen, die schließlich so werden wie Ronald Reagan und ernsthaft erwägen, den roten Knopf zu drucken, weil sie keine Vorstellung des möglichen Schreckens haben. Können sie auch gar nicht, weil sie immer die Augen davor verschlossen haben.“
Dem jungen Arzt Burt Stanton (Peter Horton) und seiner Freundin Vicky (Linda Hamilton) begegnet der Schrecken auf der Landstraße. Sie sind zufällig in der Nähe von Gatlin, inmitten der bis zum Horizont reichenden Maisfelder. Was sie nicht wissen: In Gatlin regiert inzwischen Isaak (John Franklin), der blutrünstige Sektenführer, und sein ebenso mordlustiger Adjudant Malachai (Courtnay Gains). Erwachsene gibt es nicht mehr. Jeder, der älter als 19 Jahre alt wird, wird den Maisgöttern geopfert. Und es gibt kein Entkommen.
Auch nicht für Joseph. Mit durchschnittener Kehle torkelt er vor Burt Stantons Wagen. Der mißachtet die düsteren Ahnungen seiner Verlobten Vicky und will den toten Joseph ins Städtchen fahren. Der Alptraum beginnt.
Inszeniert hat ihn der junge Regisseur Fritz Kiersch, der zusammen mit seinem Partner und Produzenten Terrence Kirby aus der Werbefilmbranche kommt. „Kinder des Zorns“ ist ihr erster großer Kinofilm Die Kurzgeschichte, die „Children Of The Com“ – so der Orgialtitel – zugrunde liegt, hat King bereits 1979 in dem Sammelband „Nachtschicht“ veröffentlicht. Sie erinnert an Goldings „Herr der Fliegen“, aber auch durchaus an weniger fiktive Ereignisse wie den Massen-Selbstmord der Jones-Sekte in Guyana oder den Amoklauf der Manson-Familie.
Kings Qualität, den Schrekken mit den unbefangenen Augen der Kinder zu schildern, paart sich bei ihm nämlich durchaus mit ausgeprägtem Sinn für gesellschaftliche Zusammenhänge: „1945 fiel die erste Bombe, ich bin 1947 geboren. Wir sind die erste Generation, die vollständig im Schatten der Atombombe aufgewachsen ist. Und wir fühlen uns vom Horror angezogen, als wurden wir uns unbewußt für den absoluten Horror vorbereiten. Die Menschen haben Angst.“
Und zur Zeit spielt keiner so gewinnbringend und brillant mit ihr wie Stephen King. Als nächstes wird sein Roman „Feuerkind“ verfilmt. Ob er noch mit dem Schreiben nachkommt?