Kreative Anarchie in Charlottenburg


Alles Gute zum fünften Geburtstag: Ulftone Music aus Berlin steht für besten Folk, Alt.Country, Indie- und Hardrock.

Ich leg mal die Füße auf den Tisch , verkündet Ulf Zick (28), Chef des Berliner Labels Ulftone. „Kannst du auch gerne machen.“ In den Büros in einem Dachgeschoss in Charlottenburg, „dem unhippsten Viertel der Stadt“ (Zick), wird viel gelacht, aber auch hart gearbeitet. Jeder der fünf Arbeitsplätze ist so perfekt organisiert, dass im Zweifelsfall eben auch Füße darauf Platz haben. Zick, der mit den meisten Künstlern, die bei Ulftone oft für ganz Europa exklusive Verträge unterschrieben haben, auch befreundet ist, versteht seinen Job als „sehr persönliche Geschichte“, die dennoch von allen Parteien kompromisslosen Einsatz erfordert: „Ein Musiker muss auch den Willen haben, hier in Europa was zu werden. Ist das nicht gegeben, dann lassen wir die Finger davon. Wir sind keine Sozialarbeiter.“ Weigert sich der hervorragende amerikanische Songwriter Todd Snider beispielsweise weiterhin, Konzerte in Deutschland zu geben, wird Ulftone nach „Happy To Be Here“ sein neues Album wohl nicht mehr veröffentlichen. „Seit Ryan Adams gezeigt hat, dass man damit auch kommerziell erfolgreich sein kann „, erlebt das Genre Singer/ Songwriter nach Ansicht von Zick ohnehin eine Inflation.

Jeder, der eine Gitarre halten kann, ist heute ein Singer/Songwriter. Die wenigsten sind aber gut.“ Eine der Ausnahmen ist der neue Labelliebling David Poe, der derzeit im Vorprogramm von Vanessa Carlton tourt. „Den sehe ich gar nicht mehr in der Schublade Singer/Songwriter“, erklärt Zick, „der ist einfach ein Star. Der wird eines Tages auch einen großen Hit schreiben. Aber dann einen veritablen, der zehn Jahre Bestand hat. Langfristige Planung hat seit der Labelgründung im März 1998 Priorität. Statt sich den Kindheitstraum zu erfüllen, am Schlagzeug oder an der Gitarre „Rock’n ‚Roll-Star zu werden“, interessierte sich Zick als Jugendlicher zunehmend für die organisatorische Seite des Musikbusiness. Als Tourneeveranstalter holte er ab Mitte der 90er Jahre amerikanische Künstler wie David Lindley über den Atlantik, obwohl dessen Platten in Europa teilweise nicht mehr erhältlich waren. Der Startschuss für Ulftone Music war somit die Veröffentlichung dreier Alben des kalifornischen Gitarristen. Erfolgreiche LPs von Chris Whitley und Pat MacDonald halfen, Ulftone zu einer unter Künstlern wie Kritikern angesehenen Adresse für Folkrock und Alt.Country zu machen – eine Nische, die Zick heute zu eng geworden ist. So betont der junge Labelchef, er habe „immer auch eine Affinität zu Hardrock und Metal gehabt“, obwohl er mit 18 nach einem Ozzy-Osbourne-Konzert einen Hörsturz auskurieren musste. „Leider hatte ich nur lange (für mein Label) nichts gefunden, was mich überzeugt hat.“ Inzwischen hat sich das geändert: Heute hilft er mit dem Vertrieb Edel („Die machen einen super Job“) dem ehemaligen White Lion-Helden Mike Tramp dabei, als Solokünstler zu bestehen, und ist stolz, dass ein Album von Kingdom Come zu seinen bestverkauften Veröffentlichungen zählt. „Es kommt allerdings noch immer vor, dass wir an einem Tag 100.000 Euro auf dem Konto haben und am nächsten Tag keinen. Aber in dieser Anarchie liegt eine Menge Kreativität.“ www.ulftone.com

Pre(e) – Say Nothing

Obscured by clouds: Benebelte Indie-Folk-Ballade zweier Songwriter aus LA.

Nachdem Douglas Armour mit seiner Band Mondo Crescendo bereits im Vorprogramm von Wilco gespielt hatte, gründete er im Sommer 2001 mit dem Indie-Folk-Spezialisten Billy Davis in Los Angeles das Projekt Pre(e). Die beiden zogen für drei Monate in das südkalifornische Wüstenstädtchen 29 Palms, um in unmittelbarer Nähe der Sterbestätte von Gram Parsons (Joshua Tree) das stimmungsvolle Debüt-Album aufzunehmen, von dem „Say Nothing“ stammt.

Penniless – Beautiful

Ein finnisches Rock-Sextett aus Nakkila wandelt auf den Spuren von Weezer.

„The Penniless People Of Bulgaria nannten sich die Jungs noch 1991, bevor Sänger Pekka Alisaari beschloss, dass es doch zu weit ging, ein ganzes Land nachhaltig zu verstimmen. Inzwischen hilft sein Bruder Ossi Alisaari als dritter Gitarrist, den Noise-Pop noch dynamischer und melodischer zu gestalten. In einer gerechten Welt wäre dieses Sextett zunächst Support Act und später Co-Headliner von Weezer.

Dziuks Küche – Dazwischen

Große Songwriter-Kunst aus Deutschland. Der ehemalige Stoppok-Keyboarder und -Songschreiber Danny Dziuk gehört seit seinem Debüt „Vom Tisch“ zu den angesehensten Rockpoeten in Deutschland. Sein ausgezeichnetes zweites Werk „Hauptsache Wind“ von 2001 ist noch weiser als der Erstling und versammelt fast ausschließlich brillante und unpeinlich-dylanesque Songs wie „Dazwischen“, für den der Autor Ralf Rothmann den Text verfasste.

The Possibilities- Braintree

Eine Band aus Georgia mischt Erna infektiös mit 7Os-Psychedelic-Harmonien.

Zwei Jahre vor dem „Down With Wilco -Album coverten Minus 5 mit R.E.M.s Peter Bück Songs dieses Quintetts aus Athens in Georgia, das mindestens so bekannt für den hippen Freundeskreis wie für die sonderbar verschrobenen und doch eingängigen Popsongs ist. 1991 gründeten Matt Lane, Bob Spires und Chris Grehan die Band, die erst acht Jahre später ein Debüt-Album veröffentlichte. „Braintree“ stammt aus dem zweiten Werk „Way Out“.

David Poe – The Late Song (Je Ne Suis Pas Mort)

Der New Yorker Songwriter ist mit seinem zweiten Album enorm gereift.

„If you can hear this, I am alive“ ist vielleicht die beste erste Zeile, die es je auf einer ME-CD gab. Poe ist ein sensibler Poet und kann fantastische Songs schreiben, wie „The Late Song“ auf dem „Late Album“ beweist. Die zweite Platte des New Yorkers ist ein reifes Stück Pop. das er demnächst auch als Headliner live präsentieren wird, nachdem er im Vorprogramm von Lifehouse und Vanessa Carlton Bühnenerfahrung gesammelt hat.