Le Raconteur – Long-Winters-Chef John Roderick hat Geschichten auf Lager.


John Roderick ist schon etwas rumgekommen. Der sicher nicht exotischste Abstecher seiner Reisen führte ihn Anfang September in ein Traditionsrestaurant nach München, aber wenn einer nach dem Wahlspruch, ,I’m just happy to be here“ im Hier und Jetzt lebt, kann ja wenig schiefgehen. Und was der in Alaska (wo die Winter lang sind] aufgewachsene 38-Jährige allein über seine Deutschland-Abstecher an Kuriosem zu erzählen hat, ließ die ME-Abordnung fast Bier und Braten vergessen. 1989 kam er „vagabonding“ durch Europa nach Berlin. Notorisch pleite, lernte er „einen Typen kennen, der sagte, er könne mir eine Wohnung und einen Job besorgen: in Garmisch-Partenkirchen in Bayern, bei einer Firma für Ski-Bindungen. Das passte gut, weil ich früher selber Ski-Rennen gefahren bin.“ Wat? „Ja, ich wor sogar ziemlich gut.“ Mit dem Bekannten trampte Roderick nach Garmisch, wo er als bunter Hund mit arschlangen Haaren und Hippie-Aufzug das Stadtbild bereicherte. „Das mit dem Job klappte, aber es stellte sich heraus, dass der Typ mit seiner Mutter in einer Zwei-Zimmer- Wohnung lebte. Nach ein paar Wochen hat sie uns beide rausgeschmissen.“ Roderick kehrte nach Berlin zurück – wo in der Zwischenzeit die Mauer gefallen und die Stadt im Ausnahmezustand war. „Das waren ein paar verrückte Wochen. Sehr lustig und interessant.“

Seine Musiker- und Songwriterkarriere lag da noch Jahre vor ihm. Sie war früh ins Stocken geraten. „Jeder an der High School spielte Gitarre „, erzählt Roderick, „und alle hatten so virtuoses Van-Halen-Gefiedel drauf“, während er selbst nur ein paar Akkorde auf seiner schrottigen Akustischen beherrschte.. Aber dann hob‘ ich festgestellt, dass ich der einzige war, der sich auch traute, dazu zu singen“, sagt er mit kraftvoller Stimme, die in der Tat Furchtlosigkeit ahnen lässt. Diese Tatsache ließ kurzzeitig seinen Kurs im High-School-Musikbiz steigen; weil er aber das hohe Metalgejaule.das Mitte der 80er gefragt gewesen wäre, um in einer Jungsband zu reüssieren, bestenfalls mit parodistischem Gusto über die Lippen brachte, war mittelfristig nichts zu machen mit einer Rockkarriere. Erst in den 90ern experimentierteer – mittlerweile wohnhaft in Seattle – mit ersten Bands. Bis er von Sean Nelson von Harvey Danger und – in der allerersten Besetzung der Long Winters – Chris Walla von Death Cab ForCutie … /Fortsetzung auf Seite 1291

München, Zerwirk /Fortsetzung von Seite 161… regelrecht genötigt wurde, ein Album aufzunehmen. Auf das Debüt THE WORST YOU CAN DO IS HARM [2002] folgte 2003 das großartige when I pretend to fall. Rodericks kongenialer Gesangspartner Nelson ist inzwischen in Richtung seiner wiedergegründeten alten Band abgedampft, das neue Winters-Album PUTTING THE DAYS TO BED daher etwas weniger harmoniegesangsselig. dafür noch ein paar Schritte weiter in puncto songschreiberischer Komplexität. „Damais bei WHEN i pretend to fall hoben alle gesagt, John, tolle Platte, aber ich habe eine Weite gebraucht, um sie zu kapieren und richtig reinzukommen“. so Roderick. ,Jetzt höre ich überall: ,Das letzte Album war ja sehr zugänglich. Aber bei der neuen Platte braucht man eine Weite, um reinzukommen.‘ Sprach’s, lachte, trank sein Wasser aus und überquerte die Straße zum Zerwirk, um dort seinen Ehrenplatz als Stargast der ME-Partysause „Schweine Am Samstag“ [jeden ersten Samstag im Monat!) einzunehmen. „We just had Schweinehaxen „, grüßte er das Publikum. „If that’s what it feels to be Bavarian, it s a really füll feeling. “ Es folgte ein Solo-Set mit Songs vom Hit der Herzen „Cinnamon“ und anderen älteren Songs über den großartig melodramfreien, doch umso mehr Ktoß-im-Hats-machenden „song about the space Shuttle crash “ „The Commander Thinks Aloud“ von der 2005er-E.P. Ultimatum bis hin zu Famosem vom neuen Album wie „Pushover“ und „Hindsight“. „Don’t you love Ösinger, whatever you do“, sang John Roderick da. Tun wir aber trotzdem.