Magma


Hut ab vor Christian Vander, dem Drummer und Leader von Magma aus Frankreich, der einzigen „progressiven“ europäischen Rockgruppe, die bis heute überlebt hat. Als Vander 1969 mit Magma ins Rennen ging, hatte er ein weites Feld von Konkurrenten: Soft Machine. Can, Gong, Henry I Cow – die alle schon langst das Zeitliche gesegnet haben. Magma aber macht unbeirrt weiter und füllt nach wie vor Hallen – auch wenn sich ein kommerzieller Erfolg letztlich nicht einstellen will. Wenn überhaupt, dann ist die Musik der Gruppe – zumindest im Konzert – im Laufe der Jahre noch radikaler geworden und lehnt sich dabei enger an den Jazz, der Vander von Anfang an nachhaltig beeinflußte.

Als achtköpfige Gruppe, mit den Originalmitgliedern Stella Vander (Gesang) und Francis Moze (Baß), spielt Magma heute hauptsächlich akustische Musik auf Keyboard-Ba sis. Christian selbst wechselt zwischen Piano, Gesang und Schlagzeug. Die anderen beiden exzellenten Pianisten, Guy Khalifa und Simon Goubert, decken sämtliche bedeutenden, modernen Piano-Stile ab: Keith Jarretts Lyrik, Cecil Taylors Wut, McCoy Tyners Perkussivität und melodischen Einfallsreichtum. Die Gruppe klingt kraftvoll, enorm kraftvoll – und, wenn Christian ans Schlagzeug geht, regelrecht dämonisch. Er ist einfach unglaublich gut. ein blendender Virtuose, dessen emotionale Wirkung aber nie durch Technik überwuchert wird. Vander spielt aus dem Bauch.

Trotzdem hat er sich beim jüngsten Album der Gruppe (MERCI veröffentlicht auf dem kleinen Jaro-Label) seltsamerweise nicht ans Schlagzeug gesetzt. Als sie vor einigen Wochen in München spielten, sprach ich Christian und seine Frau Stella daraufhin an. Stella: „Früher waren wir den Produzenten und Ingenieuren im Studio auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und mit den Resultaten nie zufrieden. Darum waren die Live-Alben immer besser, die haben diese Extra-Energie.

Diesmal nun wollte Christian lernen, wie man ein Studio-Album in den Griff bekommt. Und er war einer der härtesten Produzenten, mit denen ich je gearbeitet habe. Er hat uns alle extrem gefordert.“

Christian, grinsend: „Das Album war schwierig, und ich wollte mich nicht um beides. Schlagzeug und Produktion, kümmern müssen.“

Eine andere, radikale Neuerung besieht darin, daß die Gruppe auf dem Album englisch und französisch singt. Bislang hatten sie sich auf „kobaianisch“ beschränkt, die Sprache (eine Art Privat-Esperanto). die Christian vor Jahren „erfunden“ hatte. Zumindest der Schreiber dieser Zeiten freut sich über diesen Sinneswandel, auch wenn die englischen Texte durchaus noch verbesserungsfähig wären.

Christian: „Damit sollte einfach zusätzlichen Hörern der Zugang erleichtert werden. Bei jedem Konzert haben uns früher die Leute gefragt, worum es in den Songs eigentlich geht. Wenn wir zumindest ein paar in bekannten Sprachen singen, haben sie die Möglichkeit, das für sich selbst herauszufinden…“