Matthew Sweet: Glaube, Liebe, Hoffnung
Des einen Leid, des anderen Freud. Während der Produktionszeit seiner dritten LP GfRLFRIEND litt Matthew Sweet unter „den schlimmsten Gefühlswirren meines Lebens“. Halb in Scheidung, frisch verliebt, völlig abgebrannt, und alle Instrumente bei einer Überschwemmung seines Hauses fortgespült, war es im Problemfall Sweet Zeit für stoische Größe: „Ich könnte mir jetzt nichts mehr vorstellen, das mich noch wirklich aus der Fassimg bringen könnte, ich habe so ziemlich alles schon durchgemacht.“ Unter Druck arbeitet sich’s gemeinhin besser — Matthew Sweet jedenfalls hat mit G1RLFRIEND als Produkt des persönlichen Chaos‘ sein bisheriges Meisterwerk geliefert. Singer, Songwriter und Einzelgänger hatte Sweet sich für die beiden Vorgänger INSIDE und EARTH fast ausschließlich auf die Wunderwelt der Technik verlassen. 1992 hat er das Schlagzeug wiederentdeckt und damit auch eine wohlklingende Palette perfekter Popsongs mit Folk-Anleihen und knarrigen Gitarren (fachkundig beigesteuert von Freund Lloyd Cole), Beatles, Everly Brothers, Neil Young, alle Genies der frühen Jahre klingen mit. ohne G1RL-FRIEND zu einer flach-seufzenden Kopie im Nostalgierausch werden zu lassen. Im Gegenteil, die feinsinnigen Kontraste zwischen zarter Trauer, flirrenden Frühlingsgefühlen, wohldosierter Ironie und trotziger Härte, getragen von Sweets wohlig sanfter Stimme, sind angenehme Abwechslung in der Masse uninspirierter Einheitsprodukte, die sich Popmusik schimpfen. Seine emotionalen Grenzerlebnisse waren dabei für Sweet offensichtlich die beste Motivation: „Ich mochte meine früheren Alben auch, aber irgendwie hatte ich immer das Gefühle, ihnen fehlt was. Bei GIRLFRIEND finde ich es fast kurios, wie exakt dieses Album widerspiegelt, was in seiner Entstehungszeit in mir vorging. “ Nachfühlen lohnt sich.