24/7 Selfie–Time: Miley Cyrus, der zeitgemäßeste Popstar des Jahres
Als Kinderstar war sie von zu vielen Erwachsenen umgeben. Heute, mit 22, hat Miley Cyrus kein Interesse daran, selbst erwachsen zu werden. Sie nutzt ihre Prominenz, um spielerisch für Infantilität und Feminismus zu werben. 2015 hat die Welt dann endlich verstanden: All das macht sie zum zeitgemäßesten Popstar, den es aktuell gibt.
Auf der anderen Seite: Wer Miley Cyrus und „Racist“ googelt, bekommt viel zu viele Ergebnisse. Unter anderem liest man im Internet den Vorwurf, ihr Twerken sei eine unangebrachte kulturelle Aneignung gewesen. Und ihre ausschließlich farbigen Tänzerinnen seien allenfalls Requisite, an denen sie degradierende Gesten vollziehe. Und auch in diesem Jahr schaffte sie es nicht ohne Twitter-Kritik durch die „VMAs“ und nannte Snoop Dogg ihre „Mammy“, ein Begriff, der vor allem für versklavte Kindermädchen in den Südstaaten benutzt wurde.
Irgendwann erklärte sie, dass sie ihre Tänzerinnen sicher nicht als Accessoire sehen würde, sondern als ihre „Homies“. Immerhin. Miley Cyrus mag ein unsensibles, verwöhntes Mädchen sein, ganz gedankenlos ist sie nicht. Mit ihrer Stiftung „Happy Hippie Foundation“ setzt sie sich für obdachlose Jugendliche aus Randgruppen ein. Und auch der Schutz der Wölfe liegt ihr am Herzen.
Aber wer Miley Cyrus verstehen will, der sollte sich ihre „Backyard Sessions“ ansehen, intime Liveauftritte im Garten. Dort singt sie „Jolene“, „Happy Together“, interpretiert Jeff Buckley und Crowded House.
2012 noch im langen Rock auf dem Barhocker, heute auf einem grünen Aufblassofa mit Smiley-Shirt oder Einhornkostüm. Man möchte, dass nur noch sie Lieder singt, erliegt diesem selbstbewusstem Charme, der so viel sexueller ist als ihr nackter Nippel. Auch da merkt man, dass es gar nicht so einfach ist, Miley Cyrus zu sein, dass es nicht so einfach ist, so zu singen wie sie, aber dass es sehr viel Spaß machen muss, sie zu sein. Und Spaß ist ja auch sehr zeitgenössisch.