Mini-Festival in der Mülltonne
Vor ein paar Wochen erhielten wir eine Einladung der Herren Kuhls und Meier von der „Mülltonne“ in Hannover, für die wir uns übrigens an dieser Stelle noch einmal recht herzlich bedanken mochten. Als wir hörten, dass man uns sämtliche Kosten für Reise und Unterkunft spendieren wurde, sagten wir naturlich nicht nein, zumal es uns doch sehr interessant erschien, uns in diesem Club mal umzusehen. Nach einem reichlich stürmischen Flug landeten ME-Fotograf Claude van Heye und ich dann auch wohlbehalten in Hannover, wo Herr Meier. Music Manager des Clubs, schon auf uns wartete. Während wir die sechs Kilometer vom Flughafen bis zur „Mülltonne“ im Auto zurücklegten, hielt ich es für angebracht, mich erstmal ein bisschen über den Schuppen zu informieren…Die „Mülltonne“ gibt es erst seit ein paar Monaten. In dieser relativ kurzen Zeit ist es uns jedoch schon geiungen. dem Laden einen Namen zu geben, der in ganz Nord- und Mitteldeutschland ein Begriff ist. Jeden Abend spielt bei uns eine Gruppe und wir hatten auch schon einige populäre englische Formationen hier, zum Beispiel „Hardin & York“, „Black Sabbath“ und „Steamhammer“, um nur mal ein paar zu nennen“, erzählte uns Herr Meier, Inzwischen waren wir bereits vor dem Club angekommen, wo auch schon eine grosse Anzahl ungeduldig Wartender Einlass begehrte. Während noch das Vorprogramm über die Bühne rollte (es spielte eine Gruppe aus Hannover, deren Namen ich leider vergessen habe), nahmen wir die Gelegenheit wahr, uns erst mal in der „Mülltonne“ umzusehen. Der erste Eindruck war gut. Die Aufmachung fand ich zwar nicht besonders orqinell aber für deutsche Verhältnisse schon irgendwie aus dem Rahmen fallend. Soviel ich hörte, fasst der Saal 2000 Menschen, an diesem Abend waren es jedoch meiner Schätzung nach nicht mehr als 800.
„URIAH HEEP“ – ÜBERRASCHUNG DES ABENDS
„Die Gun“ waren die erste englische Formation, die ihre Instrumente stimmte. Glatt und anfangs ohne besonderen Enthusiasmus lieferten sie ihren Einsatz. Das Publikum sass zwar mit gespitzten Ohren rings um die Bühne, schien sich jedoch nicht so recht begeistern zu können. Aber wie das bei jeder Gruppe so ist. begannen die Gun doch, sich im Laufe ihres Auftrittes allmählich zu steigern. Sie hatten auch ihr Repertoire so zusammengestellt, dass das Hauptgewicht auf den letzten Nummern lag. Der Effekt dieser Taktik wurde jedoch urplötzlich unterbrochen. Gerade als die Gruppe zu ihrem bisher grössten Hit „Race For The Devil“ ansetzen wollte, kam eine Stimme aus dem Mikrophon, die den Gun für ihren Auftritt dankte und sie so mit anderen Worten von der Buhne schickte. Adrian Curtis. Gitarrist der Formation, mit dem ich mich anschliessend noch unterhielt, war darüber sehr wütend.“.Wir hatten uns „Race For The Devil“ bis zum Schluss aufgehoben und finden es unfair, was man mit uns gemacht hat. Unsere Spielzeit hätte nämlich eigentlich noch zehn Minuten betragen sollen“, meinte er. Wenn diese letzte Behauptung stimmt, was wir natürlich nicht beurteilen können war sein Ärger bestimmt berechtigt. Die nächste Formation. Keef Hartley, hatte es einfacher. Ihr Auftritt gestaltete sich ohne jegliche Komplikationen. Und obwohl das Publikum immer noch nicht so recht warmgeworden zu sein schien, kam der etwas jazzbeeinflusste Stil Keef Hartleys recht gut an. Es waren jedoch erst die Uriah Heep, die den Zuhörern den letzten Rest Befangenheit nahmen. Was diese Gruppe an wirklich hervorragender Musik bot. konnte wohl selbst den Anspruchsvollsten im Publikum nicht unbeeind r uckt lassen. Uriah Heep waren für mich und die meisten Leute im Saal, Überraschung und gleichzeitig Höhepunkt des Abends. Diese eigentlich noch ziemlich unbekannte Gruppe imponierte mit einem gewaltigen Sound und besonders die Stimme des Vocalisten war es, die einen faszinierte. Man sollte annehmen, dass es den Leuten gelingen wird, sich in naher Zukunft einen grossen Namen zu machen, alle Anzeichen sprechen dafür.
ARGER MIT EDGAR
Dem Auftritt der Uriah Heep folgte eine 40-minütige Pause, nach der endlich die Edgar Broughton Band von der Bühne Besitz ergriff. ,.Bevor wir spielen, möchte ich Euch noch etwas sagen“, meinte Edgar mit leiser, sehr ernster Stimme,“.Ich finde, dass die hohen Eintrittspreise, die Ihr heute abend berappen musstet, nicht gerechtfertigt waren. Ihr sollt wissen, dass das nicht in unserem Sinne war“. Was nach diesen Worten Edgars geschah wurde weder von mir. noch vom Rest des Publikums begriffen. Es entwickelte sich jetzt nämlich ein etwa halbstündiges Wortgefecht zwischen den Broughton-Mitgliedern einerseits und Clubleuten, Promotern und einigen undurchsichtigen Figuren andererseits. Unklar ist mir. warum sich dieser Wortwechsel über das Publikum ergiessen musste. Diskussionen über die Höhe der Gage die eine Gruppe nicht oder wohl beanspruchen dürfte, hätten wohl besser han einem anderen Ort zu einer anderen Zeit stattfinden sollen. Als schliessiich einige Elemente im Publikum, unter anderem auch der bekannte Prorroior Udo Fischer, ihr Missfallen mit den Worten „Out Edgar out“ und „Fuck off Edgar“ kundgaben, schien die Veranstaltung tatsächlich erheblich an Niveau zu verlieren. Ich erfuhr übrigens später noch, dass auch Herr Fischer es gewesen sein sollte, der dem Auftritt der Gun ein verfrühtes Ende gesetzt hatte. Sicher, da es ihm ja augenscheinlich lediglich um das Wohl seines eigenen Schützlings, Keef Hartleys, zu gehen schien, fiel es ihm natürlich nicht schwer, anderen Gruppen ihren Auftritt zu versauen. Doch zurück zu Edgar Broughton – es dauerte noch eine Weile und dann konnte die Gruppe endlich anfangen zu spielen. Mit reichlicher Verzögerung, aber immerhin. Wenn auch etwas nervös, so lieferten sie doch einen perfekten Auftritt, aber die Freude dauerte nicht lange. Als sie nämlich mit „Out Demons Out“ die Atmosphäre wiedermal ein bisschen anheizen wollten, nahm man ihnen den Strom wea und als selbst das nichts zu helfen schien, wurden sie von der Polizei von der Bühne gejagt. Und das war dann auch das Ende der Veranstaltung, das traurige Ende eines Abends, der doch so vielversprechend begonnen hatte. Wo lag die Schuld? Dieser Gedanke beschäftigte mich, als wir, schon halb im Schlaf, in unser Hotel fuhren. Eine Lösung fand ich nicht. Schuld an diesem Dilemma waren jedoch bestimmt nicht die Leute von der „Mülltonne“. Im Gegenteil die Herren dort waren umheimlich freundlich und gaben sich alle Mühe, die Sache wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke betrachte ich diesen Abend bestimmt nicht als verlorene Zeit. sond3rn eher als eine interessante Erfahrung. Die „Mülltonne“ selbst ist jedenfalls ein sehr dufter Schuppen, den Ihr Euch, wenn Ihr mal in Hannover seid, bestimmt ansehen müsst!
Anlässlich dieser Veranstaltung hat uns Edgar Broughton exklusiv für unsere M.E.-Leser ein Interview gegeben. Mehr darüber erfahrt Ihr im nächsten Heft!