Monatlicher Rechenschafts Bericht
Im Handstreich an die Spitze -David Byrne & Co. hielten mit ihrem erstaunlich simplen, Country(!)-inspirierten Album LITTLE CREATURES die gesamte Konkurrenz in Schach.
Dahinter ein gemischtes Verfolgerfeld: angeführt von Paul Wellers Soul-Jazz-Combo Style Council und OUR FAVOURITE SHOP auf Platz zwei, punktgleich vor dem notorischen Querdenker Jonathan Richman, der auf ROCKIN‘ AND ROMANCE seine minimalen und humorigen Pop-Ansichten verbreitet. Dann die englische One-Man-Band Scritti Politti mit ihrem sanftpoppigen CUPID & PSYCHE ’85 auf dem vierten und die „neuen Beatniks“ aus USA, Green On Red, mit GAS FOOD LODGING auf dem fünften Platz.
Bei Mr. Tambourine Dylan und EMPIRE BURLESQUE bleibt alles beim Alten: unkomplizierte Songs auf literarischem Niveau. Ergebnis: Rang sechs. Auch New Order setzen ihren Techno-Pop-Kurs fort; ihr LOW LIFE belegt Platz sieben – vor Bryan Ferrys BOYS AND GIRLS. Der Roxy Music-Chanteur verweist die amerikanische Gitarrenband R.E.M. auf Rang neun, den Soul-Champion Marvin Gaye und DREAM OF A LIFETIME, das noch vor seinem Tod aufgenommen wurde, auf 10 und den Langen Lulatsch von Police, Drummer Stewart Copeland, mit THE RHYTHMATIST auf 11.
Neue Gesichter auf den folgenden Plätzen: die englische Gitarren-Band Del Amitri, die Amerikaner Guadalcanal Diary, die trotz ihres unaussprechlichen Namens unkomplizierten Rock bieten und Hugh Masekelas Afro-Rock auf WAITING FOR THEAWN.
Seine Heimat ist die West-Coast, die Slide- und Steel-Gilarre -David Lindleys MR. DAVE auf Rang 15. Während der jazzige Funk vofVTacuma auf SO TRANQUILIZIN‘ den 16. und Beat The Drum mit ihrem Rock-inspirierten Pop auf NATION TO NATION den 17. erobern.
Disco ist seki Metier – Ex-Chic Gitarrist Nlle Rottaers und B-MOVIE MATINEE heißen die Verlierer des Monats.
„Eifersucht“, so der Titel seiner aktuellen Single, plagt ihn jedenfalls nicht, wenn er ernsthaft bedauert, „daß unter den MÜV-Kandidaten nicht ein einziger deutscher Vertreter war.“
Seit SCHWEISSPERLEN, seinem letzten Album, gehört der bärtige Sänger, Gitarrist und Komponist von „1001 Nacht“ zu jener Garde, die im Überangebot angelsächsischer Musik das Fähnlein deutscher Rockmusik aufrechthält. Daß er dennoch offene Ohren für internationale Produktionen hat, beweisen seine Kommentare als Gastkritiker des Monats.
Bryan Ferry: „Gut produziert (von wem eigentlich?) easy listening. Doch wenn die Platte vorbei ist, kann man sich an keine Nummer mehr erinnern. Seine Stimme finde ich einfach zu maniriert. Aber dafür sieht er ja verdammt gut aus. (3) Talking Heads: „Überraschend simpel und eingängig, aber eben nicht ohne Überraschungen; hat mir sehr gut gefallen.“ (5) Bob Dylan: „Ich war nie ein echter Dylan-Fan. Aber er ist dennoch einer der wenigen, die zwar nicht besonders singen können, doch immer etwas rüberbringen. Allerdings bleibt meine Lieblings-LP INFI-DELS immer noch ungeschlagen. „(5) David Lindley: „Er schafft es immer wieder, aus der Versenkung aufzutauchen und ein paar saubere Songs vorzulegen. „(4) Marvin Gaye: Nach dem ersten Durchlauf stand für mich fest: Das muß ich noch öfter hören, um es ganz auskosten zu können. “ (5) Stewart Copeland: „Das ist die erste Solo-LP von ihm, die ich höre. Auch solo überzeugt und überrascht mich der Trommler von Police. Interessant und abwechslungsreich. “ (5) Hugh Masekela: „Ich mag afrikanisch angehauchte Musik, auch die Trompeten-Soli. „(5) Del Amitri: „Einfach erfrischend, mal wieder eine richtige Gitarren-Band zu hören. “ (4) Gut präpariert zeigte sich Klaus Lage auch, als es anschließend um seine ganz persönliche Meinung zu einzelnen Stichworten ging:
1001 Nacht
„Ich hatte eigentlich nie ein besonderes Faible für Märchen. Bei diesem Song stand auch weniger das Märchen als solches im Vordergrund als vielmehr die Geschichte von etwas Wundersamen und Außergewöhnlichem. Im Grunde gibt es keinen direkten Bezug zwischen dem Titel und der Geschichte oder gar den Märchen aus 1001 Nacht. Mehr möchte ich zu dem Song eigentlich nicht sagen. „1001 Nacht“ ist für mich schon so weit weg. Man muß ja nicht ständig darauf herumreiten.“
Konkurrenz
„In unserer Leistungsgesellschaft wird man früh auf Leistung und Funktionieren gedrillt. Konkurrenz ist dann das Ergebnis und wird auch noch gefördert. Man kann sich dem nicht entziehen. Und dennoch bin ich lieber mit Kollegen als mit Konkurrenten zusammen.“
Schlager
„Schlager ist der deutsche Begriff für Hit und meint eigentlich Treffer. Das dokumentiert nachdrücklich die Misere deutscher Nachkriegs-Kultur mit ihren vielen verlogenen Cover-Versionen ausländischer Songs. Wer will heute noch Schlager machen? Alle wollen nur noch Hits.“
Publikum
„Das Feedback vom Publikum brauche ich. Ich suche in jedem Konzert den Blickkontakt mit dem Publikum, auch wenn es in der Regel nur die ersten 10 oder 20 Reihen sind, die man genauer erkennt. Dabei laufen manchmal auch ganz witzige Geschichten ab.
Auf einem anderen Blatt steht dagegen, wenn man hin und wieder als Privat-Person in eine Kneipe geht, an dem Tag vielleicht gerade nicht gut drauf ist und es dann-nicht ab kann, von allen Leuten erkannt zu werden. Die beobachten dich dann genau – und ich weiß, wenn ich mir eine Seiter bestelle, heißt es an den anderen Tischen gleich: ,Schau mal, der hat sich gerade eine Seiter bestellt!‘ Oder: ,Der säuft nur Seiter. Das ist eine recht ungewohnte Situation, die ich von mir aus nicht noch künstlich hochstilisieren möchte. Deshalb setze ich mich dieser Situation manchmal bewußt aus. Denn es kommt mir darauf an, den Draht zum Publikum nicht zu verlieren. Selbst wenn ich mal angepinkelt werde, weil ja nicht alle Leute meine Sachen gut finden.“
Rock aus Germany
„Ich finde die momentane Entwicklung sehr erfreulich, daß immer mehr deutsche Titel auch bei den Leuten hier ankommen und akzeptiert werden und nicht ständig nur irgendwelche Kultur-Extrakte aus dem Ausland importiert werden.
Zwar beschränkt sich diese Entwicklung immer noch vorwiegend auf einzelne Vorkämpfer, angefangen bei Ton, Steine, Scherben oder Udo Lindenberg. Doch haben gerade sie und andere eine Menge in Bewegung gesetzt und sich über die Jahre auch etablieren können.
Ich bin der Meinung, daß es da eine Entwicklung gegeben hat und immer noch gibt und einige Produktionen durchaus auch im Ausland Chancen hätten. HAAAALT!!!!! Ich meine damit aber nicht Modern Talking!!!!!“