Nach den Chemical Brothers und Prodigy kommen nun Bentley Rythm Ace
Richard weiß, was er an Mike hat. „Ich mochte seine Beine. Sie sind sexy. Und seine Schultern. Sie sind auch sexy. Ich mochte sie von Anfang an.“ Mike guckt Richard mit einer Grimasse an, als denke er: Wirklich? Dann sagt er, friedlich wie ein Lamm: „Ich mochte seine Wangenknochen.“ Willkommen im Zwei-Mann-Kabarett von Bentley Rhythm Ace. Richard Marsh und Mike Stokes machen jeden Ort im Handumdrehen zur Bühne für ihre Freestyle-Flachsereien.
Mike (der Kleinere von beiden) verdiente seinen Lebensunterhalt bis vor zwei Jahren als Discobeleuchter, Bauarbeiter und Teilzeit-DJ. Richard (der Größere) war Bassist bei Pop Will Eat Itself, den selbsternannten Stinkefingern des Britrock der 8oer. Eine Band, die schlau genug war, sich selbst auf T-Shirts als Mist zu bezeichnen. Die „Poppies“ galten als Prototypen des Grebo, des politisch vollkommen unkorrekten, sexistischen Rockers mit ordentlich Schmutz unter den Fingernägeln.
Getroffen haben sich Richard und Mike auf einer Party in Birmingham. Gemeinsam plünderten sie fortan die lokalen Flohmärkte.“Wir suchten Lampen und so“, sagt Mike. „Richard fand dann diese Drum Machine namens Bentley Rhythm Ace. Sie sollte vier Pfund kosten. Er handelte sie auf zwei herunter.“ Am Ende gab das Teil der Zwei-Mann-Band den Namen. Eingesetzt wurde die Drum Machine jedoch nie. „Ein Mistding“, meint Richard rückblickend.
Also nicht geeignet für die psychedelische Disco-Party, die Mike und Richard damals vorschwebte. Mit „Bentley’s Gonna Sort You Out“, einer EP, landeten die beiden über einen befreundeten DJ beim Skint-Label in Brighton.
Die EP erschien gerade im richtigen Moment, um die Bentleys gleich ins Spitzenfeld der britischen Big-Beat-Bewegung zu katapultieren. Daß Prodigy und die Chemical Brothers mit extrafetten Beats die Rettung eines lendenlahmen Patienten namens „Rock“ in die Wege leiteten, kommt dem Duo Marsh und Stokes heute zugute. Sie dürfen nun, von einem Parlophone/EMI-Deal abgefedert, an einer Freak-Version des neuen Dance-Rock basteln.
Prodigys Liam Howlett bezeichnet die Bentleys zwar als „Krimskrams“. Doch Richard Marsh weiß es besser: „Dieser Howlett versteht unseren Humor eben nicht“. Kein Wunder. Denn Bentleys aktuelles Album „Bra“ ist eine zischende, scheppernde Sample-Orgie auf Lo-Fi-Niveau, durchgeknallt im wahrsten Sinne des Wortes. Doch, man kann zu den Klängen von Marsh und Stokes sogar tanzen. Vorausgesetzt, man ist mutig genug, sich für ein paar Minuten, mit Armen und Beinen rudernd, der Lächerlichkeit preiszugeben.
Und Bentley live? Mike und Rieh lassen die Techno-Ausstattung mit DJ und Turntables links liegen. Statt dessen geben sie lieber ein paar Comedy-Kabinettstückchen zum besten. Für die Musik sorgt eine Band, die neben richtigen Instrumenten auch Löffel und Sirene beherrscht. Derweil versucht die britische Presse noch.die Herren Marsh und Stokes treffend zu charakterisieren. Das Meinungsspektrum reicht dabei von albern bis absolut clever.